Mit Charme, Anzug — und in Birkenstock
Kabarettist und Schauspieler Fatih Cevikkollu zeigt im neuen Volkswagenzentrum, dass deutsche, kölsche und türkische Lebensarten ziemlich gut zusammenpassen.
Passen deutsche, kölsche und türkische Lebensarten unter einen Hut? Wer den Auftritt von Fatih Cevikkollu im neuen Volkswagenzentrum von Tölke und Fischer verfolgt hat, kann diese Frage durchaus mit Ja beantworten. Der DJK Adler Königshof war mit seiner Kabarett-Reihe hier zu Gast und zeigte mit der Wahl des Protagonisten einmal mehr sein Gespür für anspruchsvolle Unterhaltung. Der Kabarettist mit dem für Deutsche unaussprechlichen Namen spricht Deutsch, Türkisch und die Kölner Mundart perfekt und in allen Feinheiten. „Man muss auch jönne könne. Klingt türkisch, ist aber deutsch“, schlägt er die sprachliche Brücke. Kein Wunder: Er gilt als der erste Büttenredner mit türkischen Wurzeln beim Kölner Karneval. Schon 2006 hat er den Kleinkunstpreis Prix Pantheon gewonnen.
Die Jury sah ihn als Beispiel dafür, dass gutes Kabarett durchaus sinnstiftend sein kann. Seine hintergründige und zielsichere Kritik an Politik und Gesellschaft sei mal nachdenklich, mal bissig, aber immer so, dass seine Sicht der Dinge die Zuschauer nicht nur zum Lachen bringt — sie wirke auch in deren Köpfen weit über den Abend hinaus, hieß es. Das kann man ebenso für den Krefelder Auftritt stehen lassen. Der sympathische Entertainer tritt im hellblauen Anzug und in Birkenstock-Sandalen auf. In seinem feschen Schuhwerk legt er gleich zu Beginn einen Rap auf die Bühne. Schließlich hat er seine Karriere als Mitglied der Hip-Hop-Gruppe Shakkah begonnen.
Neu in der Unterhaltungsbranche ist er nicht, präsentiert er in Krefeld bereits sein fünftes Programm. Schon im dreizehnten Jahr tingelt er mit einer Mischung aus Stand-up-Comedy, Kabarett, Rap, Hip-Hop und Lyrik über deutsche Kleinkunstbühnen und durch TV-Unterhaltungssendungen. „Jetzt machen die Türken schon Kabarett“, scherzt er über mögliche Vorurteile.
„Kabarett heißt: Ich denke vor und ihr denkt nach“, sagt er und fordert das Publikum auf, einfach befreit zu lachen. Es war nicht die letzte Anspielung auf deutsche Eigenheiten. Dabei ist Cevikkollu durchaus politisch, aber kein Haudrauf. Lieber benutzt er amüsante Wortspiele, spricht von den Silvester-Ereignissen am Kölner Dom von einem „Super-Gauland“ oder von einer „Frauke Miese-Petry“, die US-Präsident Trump zur Inthronisierung gratulierte.
Trump stellt er allein durch Zitate der eigenen Worte bloß: „Wenn wir schon Nuklearwaffen haben, warum nutzen wir sie dann nicht?“ Bleibe nur zu hoffen, dass der Nuklearcode nicht mehr als 140 (Twitter-)Zeichen hat. Neben der Politik liegt ihm der empathische Umgang der Menschen untereinander am Herzen. Name des Programms: „Emfatih“. Den Kampf gegen Rassismus, Engstirnigkeit und Vorurteile ficht er eher mit der feinen Klinge des Floretts als mit dem Säbel aus. Beispiel: „In der Türkei dürfen im Gegensatz zu Deutschland Frauen im öffentlichen Dienst Kopftuch tragen. Ist das nicht echte Demokratie?“, fragt er und stellt Erdogan an Beispielen seines Tuns als selbst ernannten Demokraten bloß. Den „Putsch to go“ gegen den türkischen Präsidenten, der um 22 Uhr begann und schon um 4 Uhr am Morgen darauf endete, hält er für ein abgekartetes Spiel. „Multikulti ist ein großer Gewinn für Deutschland“, befindet er.
Die Angst vor Islamisierung sei unbegründet. Schließlich lebten gerade einmal 4,2 Prozent Muslime in Deutschland - „der gleiche Anteil, der hier ins Theater geht“. Eine Gefahr sei vielmehr das Aufkommen rechter Wähler auch in den Nachbarländern. „Rechte in Österreich, Ungarn, Polen, Holland — alles Penner, auf Französisch Le Pen.“
Nein, nicht die Flüchtlinge seien das Problem: „Die wahren Flüchtlinge sind die, die ihr Geld ins Ausland bringen.“ Sagt’s und erhält nicht nur dafür reichlich Applaus für einen unterhaltsamen, nachdenklich stimmenden Abend.