Museum Burg Linn Museumsleiterin Jennifer Morscheiser: „Machen ist eindeutig lustiger“
Spannend und abwechslungsreich — so beschreibt Jennifer Morscheiser das erste Jahr im Museum Burg Linn. Im August 2016 trat sie dort ihr Amt als Museumsleiterin an — und bringt mit ihrer quirligen Art frischen Wind nach Krefeld.
Linn. Während die Mosel gemächlich an der Stadt Traben-Trarbach (Rheinland Pfalz) — der Heimat von Jennifer Morscheiser — entlang schlängelt und die Sonne langsam untergeht, hört ein kleines lockiges Mädchen gebannt ihrer Mutter zu. Es ist Märchenzeit. Die Mutter erzählt ihrer Tochter vom karthagischen Heerführer Hannibal und dessen Feldzug gegen Rom, den er unter anderem mit 37 Elefanten unternahm. Eine Alpenüberquerung mit Elefanten? Warum? Geht das überhaupt? Das Mädchen kann es kaum fassen, will mehr wissen. Sie klebt an den Lippen ihrer Mutter, denn die Geschichte ist spannender als jeder Krimi. Doch das Beste ist: Sie ist tatsächlich wahr. Deshalb besteht für den Lockenkopf bereits in der fünften Klasse kein Zweifel, was sie später werden möchte: Archäologin.
30 Jahre später. Es ist ein Jahr her, dass Jennifer Morscheiser (38), inzwischen promovierte Archäologin, das Amt der Museumsleiterin auf Burg Linn übernommen hat. Ein Jahr voller Projekte, voller Ideen und vor allem voller Menschen, die sie stets unterstützt haben. Zeit zum Durchatmen gab es kaum. Denn immer stand etwas Neues an. „Das Jahr war ziemlich dicht an Terminen und Änderungen, es gab keine Chance den Projekten aus dem Weg zu gehen“, sagt Morscheiser. „Dafür war es aber sehr abwechslungsreich und hat viel Spaß gemacht.“
Auf ihrer langen To-do-Liste gab es einige Punkte, die es umzusetzen galt: frische Farben in die Museumsräume und schnell Veränderungen in der Ausstellung wie die Schiffshalle oder erst kürzlich den Umzug Ottos in seine Burg zu bringen, spannende Vorträge vorbereiten, das Konzept der Kinderführungen zeitgemäßer zu gestalten, einen eigenen Internetauftritt zu erarbeiten, Facebook reger zu nutzen, nur zwei Sonderausstellungen pro Jahr anzubieten und eine Museums-App für Besucher zu programmieren. Gemeinsam mit ihrem Team und vielen Ehrenamtlichen ging die Leiterin alles an. „Schließlich ist Machen deutlich lustiger als nur darüber nachzudenken“, sagt sie.
Bis auf die App, die gerade noch in der Programmierphase ist, hat Morscheiser mit ihrem Team alle Punkte auf der Liste abgearbeitet. Die junge Frau räumt ein, dass natürlich auch an manchen Stellen klare Schnitte gezogen werden mussten und Veränderungen manchmal Zeit brauchen, bis man sich an sie gewöhnt. Nicht alle Leute mögen das knallige Rot, dass sie gegen das vorherrschende Grau im Museum setzt. Aber eines ist sicher: es akzentuiert und findet auf der anderen Seite auch regen Zuspruch.
„Ein Museum muss doch kein eingestaubter Ort sein, an dem alles dunkel gehalten oder Geschichte dröge nacherzählt wird. Dazu gehören auch spannende Kinderführungen mit Aktion. Meine Mutter hat mich inspiriert und gezeigt, wie lebendig Geschichte sein kann. Sie hat den Spaß in mir geweckt das frühere Alltagsleben zu rekonstruieren. Deshalb sehe ich mich auch als Geschichtenerzählerin“, sagt Morscheiser.
Während der Fortbildungen für die Kinderführungen wurde den Mitarbeitern zudem schnell klar, dass die neue Museumsleiterin von Anfang an einen regen Austausch suchte, und ihr die Meinung aller Angestellten und Ehrenamtlichen wichtig ist. Sie interessierte sich für ihre Meinung, ihre Vorschläge. Weil Morscheiser mit Inbrunst an die Sache ging, stellte sich bald eine Aufbruchsstimmung ein, die alle ansteckte und beflügelte, sich einzubringen. „Alle arbeiten daran, das Museum noch bekannter, interessanter und attraktiver zu machen“, sagt sie.
So kamen bei den Treffen viele Ideen zusammen, die nach und nach umgesetzt wurden. Im vergangenen Jahr gab es eine spezielle Gespensterführung anlässlich des Linner Weihnachtsmarktes, die auch in diesem Jahr wieder ansteht. „Den Kindern hat es so gut gefallen, dass einige von ihnen einige Tage später sogar mit ihren Familien wiederkamen. Das ist für uns die beste Werbung.“
Eine weitere gute Werbung, die dem Museum viel Ansehen innerhalb der Deutschen Museumslandschaft gebracht hat, ist die aktuelle archäologische Grabung in Gellep. Bei den Ausgrabungen wurden nämlich früheisenzeitliche Grabhügel und Urnengräber entdeckt, die auf 600 bis 450 vor Christus datiert werden. Bislang war eine solch lange Belegung des Gräberfelds nicht bekannt und wirf ein ganz anderes Licht auf die Siedlungslandschaft: egal welches übergeordnete politische System hier herrschte — Gelduba blieb Gelduba. Vor und nach den Römern. „Wir bekommen täglich Anfragen von Archäologie-Studenten, die uns ihre Arbeit anbieten“, erzählt Morscheiser, die sich über die Aufmerksamkeit freut.
20 Helfer sind es momentan, die den Stadtarchäologen Hans-Peter Schletter bei dem Projekt unterstützen. „Krefeld ist in den Mittelpunkt gerückt, es ist großartig“, sagt sie. Auf Tagungen würde sie von Museumsleitern stets angesprochen — sei es auf die Ausgrabungen, das Fürstenschwert, auf Vortragsreihen oder die Internetpräsenz. „Diese Resonanz zeigt mir, dass wir uns vor den anderen großen Museen nicht verstecken müssen.“ Was sie jedoch noch stolzer macht, ist die Rückmeldung, die sie von Besuchern des Museums bekommt. Erst vor kurzem sagte ihr jemand, dass es bemerkenswert sei, was sie in einem Jahr alles geschafft habe und das Morscheisers Handschrift innerhalb des Museums positiv zu sehen sei. „Das ist natürlich absolut tolles Feedback.“
Auf die Frage, was als nächstes ansteht, nennt Morscheiser eine lange Liste voller Veranstaltungen die noch in diesem Jahr geplant sind (siehe Infokasten). Doch wie sieht es in der Zukunft aus? „Ein paar Ideen muss ich mir noch aufsparen, schließlich habe ich ja erst angefangen. Und bis zu meiner Pension sind es noch paar Jährchen.“ Dann grinst die 38-Jährige aber geheimnisvoll und sagt: „Ich habe damals von Oberbürgermeister Frank Meyer den Auftrag erhalten die Burg zu rocken. Und genau das habe ich vor. Ich habe ganz viele Ideen — darunter auch eine für 2018. Aber das wird jetzt noch nicht verraten.“