Musik aus dem Konzentrationslager berührt
Lutz Rath präsentierte im jüdischen Gemeindezentrum ein bewegendes Konzert.
Krefeld. Mit dem Klagegesang des Violoncellos, solistisch, leise, mit wenigen Klängen am Klavier erweitert, begann das Konzert in der Synagoge mit dem Titel „Entartete Musik“, das spontan in die Veranstaltungen der Jüdischen Kulturtage eingeflochten wurde.
Der aus Krefeld nach New York ausgewanderte Cellist Lutz Rath hatte ein Programm zusammengestellt. Es begann mit dem „Kaddish“ für Cello und Klavier von Maurice Ravel, das Gebet, der Klagegesang auf dem Cello in Nachdenklichkeit und auch Klangschönheit von Rath musiziert.
Begleitet wurde er von Sara Derman am Flügel, die die empfindsame Stille mit herstellte, die sparsamen Akkorde in ihrer offenen Klanglichkeit mit den warmen Tönen des Cellos verband. Die Sprachschöpfung von Kurt Schwitters „An Anna Blume“ für Sprecher und Klavierimprovisation trug Lutz Rath selbst vor.
„An Anna Blume“ hatte sofort nach der Veröffentlichung einen besonderen Erfolg hatte. Schwitters (1887-1948) emigrierte zunächst nach Norwegen, wo er nicht bleiben konnte, von dort über Schottland nach England, wo man ihn internierte und er so nicht in die USA gelangen konnte.
Zusammen mit Sara Derman und Simone Weber, Klarinette, musizierte Lutz Rath auch das Trio für Klavier, Klarinette und Violoncello op. 3 von Alexander von Zemlinsky (1871-1942).
Zemlinsky war in Wien der Lehrer von Viktor Ullmann, Alma Mahler-Werfel und einer der Komponisten, die Anton Schönberg den Weg in die Moderne vorausgingen, mehr noch den Weg wiesen. Johannes Brahms war sein Mäzen, und so ist es nicht verwunderlich, wenn dieses Trio in manchen Zügen einen auf die Brahms‘sche Klangwelt blickende Motivik und Harmonik enthält, spätromantisch, dazwischen fast wienerisch tänzerisch, und doch nachdenklich und, besonders im ersten Satz, nach vorne gewandt, modern, in einer sich neu verändernden Akkordfolge.
Virtuos am Klavier, warm in der Klarinette, intensiv am Cello, das Trio musizierte engagiert, nahm die unterschiedlichen Stimmen wichtig und kommunizierte miteinander. Zemlinsky emigrierte 1930 in die USA. „Die Weise von Liebe und Tod des Cornet Christoph Rilke“ für Klavier und Sprecher von Viktor Ullmann (1898-1944) beendete das Programm des Abends. Viktor Ullmann wurde in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt, in dem es Konzerte und eine Bibliothek gab. Dieses Stück für Sprecher und Klavier ist sein letztes Werk, er wurde vermutlich im Oktober 1944 in Auschwitz ermordet.
Die Intensität der Bilder in Sprache und Klavier gestaltete Rath mit Nachdrücklichkeit, manchmal ein wenig über das Ziel hinaus, der Kampf, die Liebe, all dies wird durch den Klavierpart emotional verdoppelt und intensiviert.