Navid Kermani liest in der VHS: Eine Seelenreise auf über 1200 Seiten

Kermani beschreibt das Ich und die Welt.

Krefeld. Es beginnt in einer Klinik. Ein Vater hält kurz nach der Frühgeburt seine Tochter im Arm, beschreibt seine Beobachtungen und Gefühle. Mit diesem Abschnitt steigt Navid Kermani in die Lesung aus seinem Roman „Dein Name“ ein.

Und schon in der ersten gewählten Passage werden ganz viele Aspekte seines Schreibens deutlich. Seine Menschen tragen keine Namen; der Erzähler an dieser Stelle gibt genaue Zeiten und Standpunkte an, verortet sich wissenschaftlich und darüber hinaus philosophisch. „Die Geburt ist der Spiegel des Todes“, sagt Kermani, „Und der Tod ist das eigentliche Thema dieses Romans.“

Mit einer Fülle von Bildern, mit Assoziationen, mit Gedankensprüngen geht Kermani durch diese Welt und bestätigt auch in den anderen Ausschnitten aus seinem 1200 Seiten dicken Werk die Einschätzung des Literaturwissenschaftlers Dr. Theodor Pelster: „Kermani beschreibt die ganze Welt aus der Situation des Ich-Hier-Jetzt, das ist ein Erlebnis!“

Ein Erlebnis, dann die Schilderung eines Besuches der Schwiegereltern beim Erzähler. Jene kommen aus Isfahan nach Siegen. Kulturschock zum Schmunzeln und mit aktuellem Bezug zur Ausstellung in der VHS über 50 Jahre Migration.

Kermani wurde 1967 als Sohn iranischer Eltern in Siegen geboren. „Ich bin in der Tradition der deutschen Literatur groß geworden“, sagt er, bezieht sich auf Jean Paul und Hölderlin.

Als dritter Erzählstrang tritt zum Erzähler und den Dichtern die Selbsterlebensbeschreibung des Großvaters hinzu. Navid Kermani hat es mit diesem Werk auf die Longlist des Deutschen Buchpreises geschafft.