Premiere in der Fabrik Heeder: Das Leben steckt im Sandhügel fest

Absurdes Theater am Sonntag in Heeder: In „Glückliche Tage“ redet Esther Keil ohne Unterlass, und der Intendant hockt im Erdloch.

Krefeld. Das Leben, ein Sandhügel. Wir stecken drin fest, graben uns ein, und irgendwann kommen wir nicht mehr vom Fleck. So mag Samuel Beckett, der Meister des absurden Theaters, das Elend menschlicher Beziehungen betrachtet haben. Dass er das Ganze dann „Glückliche Tage“ nannte, zeugt von bitterbösem Humor.

Das Stück des irischen Dramatikers liefert an diesem Premierenwochenende den perfekten Kontrast zu „King Lear“. Hier die große Shakespeare’sche Tragödie, dort Becketts sparsamer, bis zur Unkenntlichkeit reduzierter Dialog zweier Menschen, die sich voneinander entfremdet haben. Winnie (Esther Keil) steckt bis zur Hüfte in einem Erdhügel und redet ohne Unterlass auf Willie (Michael Grosse) ein, der schweigend in einem Erdloch hockt.

„Ich hatte Angst vor dem Stück“, gesteht Regisseur Nicholas Monu. „Es ist eine Maus, die brüllt wie ein Löwe.“ Monu ist Nigerianer, er hat hier mit „Hagel auf Zamfara“, das in Nigeria spielt, eine bemerkenswerte Arbeit abgeliefert. Dass er nun Beckett machen sollte, habe ihn erst „schockiert“, sagt er: „Aber dann habe ich es als Chance gesehen.“

Die Themen des Iren Beckett, der in Paris lebte und viele seiner Texte auf Französisch schrieb, sind ohnehin universal. In seinen Dramen spiegeln sich die Absurdität des Lebens, das Scheitern von Beziehungen und die Sehnsucht, trotzdem zueinander zu finden. Den Sandhügel, den Beckett bei „Glückliche Tage“ als Metapher vorgibt, stellt Ausstatter Udo Hesse deshalb nah an die Zuschauer, auf Augenhöhe: „Es steht uns nicht zu, auf Winnie und Willie herunterzublicken.“

Wie beim Szenenbild gibt der Autor auch in den Dialogen exakte Vorgaben. „Er ist ein Kontrollfreak“, sagt Monu. „Er ist immer dabei — und es wäre Hochmut, sich dagegen zu stellen.“ Freiheit hat die Regie vor allem bei den Emotionen, die Beckett selten beschreibt. Neun Wochen lang hat Monu daran gefeilt, in intensiven Proben mit Keil und Grosse, der als Intendant den Abend im Erdloch verbringt. „Ich hätte“, sagt Monu, „ein ganzes Jahr an dem Stück arbeiten können.“