Tanztheater: Sprechende Felsen, tanzende Träume

Die Reihe „Move!“ endete mit dem Stück „Midbar“ des Israelis Nir de Wolff.

Krefeld. In der Wüste können einem die Sinne schwinden, doch vorher sieht man vielleicht merkwürdige Dinge. Gemeint sind hier nicht Fata Morganen, sondern Ausgeburten der Phantasie. Mit dem in Berlin ansässigen israelischen Choreographen Nir de Wolff und seiner Compagnie Total Brutal konnte man jetzt zum Abschluss der Tanzreihe "Move!" in der Fabrik Heeder in die "Midbar" (hebräisch für Wüste) gehen und eine Reihe von Kuriositäten erleben, die einem so vielleicht nur ein Israeli erzählen kann.

Nir de Wolff und Elik Niv sind die Wüstengänger. Niv will sich ein Haus fern ab des Terrors der Städte bauen und trifft auf einen sprechenden Felsen (Tatiana Saphir), der seinen Plänen im Weg steht. Er sei schon ein paar tausend Jahre hier, argumentiert der Fels. Aber ich fühle mich diesem Platz auch verbunden, argumentiert Niv - und schon ist man mitten im israelisch-palästinensischen Konflikt, kann darüber sogar schmunzeln. Dann sprengt Niv den Brocken aus dem Weg.

Oft atmet das Stück die Surrealität eines Comic Strips, dann ist wieder vieles so holprig wie im Kasperletheater. Am wenigsten kommen eigentlich tänzerische Elemente vor. Diese strecken das Ganze sogar ein wenig zu sehr.

De Wolffs Pläne unterscheiden sich fundamental von denen Nivs. Er läuft der Utopie hinter her, mit der Palästinenserin Sahara gemeinsam allerlei Dinge anzustellen. Sahara erscheint ihm dann gegen Ende als doppeltes Bauchtanz-Lottchen (Saphir und Ela Spalding). Mit der Kräftigeren (Saphir) tauscht er heftige Küsse aus, die Schlankere trampelt auf ihm herum. Offenbar hat diese Utopie zwei Seiten.

Zwischendurch darf auch noch ein Deutscher (Jan Sebastian Suba) auftreten, der über die Vorteile des Mauerfalls eine nette Geschichte erzählt und dann einen tödlichen Fehler begeht. Angeregt von einem Witz von de Wolff, der es schafft den Holocaust als Element einzubauen, erzählt auch Suba einen Witz, der das versucht - und wird dafür von Niv kurzerhand um die Ecke gebracht. Merke: Was ein Israeli darf, steht einem Deutschen noch lange nicht zu.

Ironie und Selbstironie sind die Pluspunkte dieser Performance, die dann am Ende aber doch - wenigstens musikalisch - in Verzweiflung endet. "It’s a mad world" singt Gary Jules vom Band so melancholisch, dass er offenbar an der besungenen Verrücktheit vehement leidet.