Winterreise mit Heimatlosen
Bei einem Konzert erklingt Franz Schuberts Liederzyklus. Matthias Oelrich liest dazu autobiografische Texte von Obdachlosen.
Krefeld. "Wir freuen uns schon, wenn einer der Wohnungslosen am Morgen zum Kaffee kommt - nachdem er die Nacht draußen verbracht hat." In der Einrichtung für Obdachlose an der Lutherstraße hat Mitarbeiterin Iris Hilsenitz gelernt, sich auch über kleine Erfolge zu freuen. 40 Männer und sechs Frauen haben dort die Möglichkeit, die kalte Nacht gegen ein warmes Bett zu tauschen.
Auf die Lebensbedingungen dieser Menschen möchte der Liederabend "Krefelder Winterreise" aufmerksam machen, der am dritten Advent in der Friedenskirche aufgeführt wird. Es handelt sich um ein für Krefeld einmaliges Musikprojekt, das der Wiesbadener Journalist Stefan Weiller mit der Diakonie Krefeld-Viersen und Obdachlosen auf die Beine gestellt hat.
Schuberts "Winterreise" mit Texten von Wilhelm Müller, die von Heimatlosigkeit und Ausgrenzung handeln, wird bei ihrer Premiere um Autobiografisches von Krefelder Wohnungslosen oder ehemals Wohnungslosen erweitert. Ohne Namen zu nennen, wird Matthias Oelrich, Schauspieler am Theater Krefeld-Mönchengladbach, Einblicke in den täglichen Existenzkampf auf den Straßen geben. Er wird damit zum Sprachrohr der Betroffenen.
Den Initiatoren geht es nicht nur darum, auf die Lebenssituation Obdachloser aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln. Sie wollen auch Geschichten festhalten, die nur in mündlicher Überlieferung existieren, Geschichten wie diese:
Musikalisch wird die bekannte Komposition von Franz Schubert leicht verändert, da mehr als ein Sänger den Zyklus vorträgt. Am Sonntagabend werden Christina Schmid (Sopran), Gabriel Heun (Tenor) und Dirk Schneider (Bariton) auftreten, begleitet von Hedayet Djeddikar am Klavier.