Olympiaserie: Langläufer aus Leidenschaft

Paul Angenvoorth wird den Einlauf ins Olympiastadion von München nie vergessen.

Bockum. Der hellblaue, eng taillierte Baumwoll-Trainingsanzug der Olympischen Spiele von München 1972 hängt noch immer ganz akkurat im Kleiderschrank daheim auf der Bethelstraße in Krefeld-Bockum. Die Erinnerungen, Zeiten und Trainingspläne seiner langen Läuferkarriere hat Paul Angenvoorth akribisch in einem dicken Ordner festgehalten.

Selbst die Ergebnisliste des olympischen Marathonlaufes vom 10. September 1972 hat der heute 62-Jährige noch im Original. Mit dem 16. Platz in 2:20:19 Stunden war der geborene Hülser bester deutscher Läufer und ließ die damals wesentlich stärker eingeschätzten bundesdeutschen Konkurrenten Manfred Steffny (31.) und Lutz Phillipp (32.) weit hinter sich.

Das begeisterte Publikum im ausverkauften Olympiastadion, das kurz zuvor noch die Goldmedaille von Ulrike Meyfarth gefeiert hatte, empfing den für Bayer Uerdingen startenden Langstreckler mit stehenden Ovationen: "Der Einlauf ins Stadion wie auch viele Momente während des Laufes haben sich in meinem Gedächtnis eingebrannt, als wäre es gestern gewesen. Da ich an meiner Platzierung nichts mehr ändern konnte, habe ich die letzten 500 Meter auf der Bahn richtig genossen", erinnert sich Angenvoorth.

Dabei musste der ehemalige kaufmännische Angestellte des Uerdinger Bayerwerkes wegen des Münchener Attentates auf das israelische Olympiateam am 5.September um seinen Start bangen: "Ich war gerade aus dem Höhentrainingslager in St. Moritz nach Krefeld zurückgekehrt, als alles begann.

Spät in der Nacht des 6. September bekam ich einen Anruf, dass die Spiele weitergehen und bin dann tags darauf nach München geflogen. Mein Zimmer im olympischen Dorf war vorbereitet, ich hatte nur meinen Lauf im Kopf. Dank IOC-Präsident Avery Brundage konnten die Spiele fortgesetzt werden. Einfach war die Situation sicher nicht."

Trotz aller Erlebnisse war der olympische Marathon-Rundkurs in München nicht Angenvoorths Lieblingsstrecke. Der ständig wechselnde Belag auf Parkwegen im Englischen Garten oder über Kopfsteinpflaster in der Innenstadt machte nicht nur dem Krefelder zu schaffen. Im Schlepptau hinter dem Briten Donald MacGregor (7./2:16:34 Std.) und weiteren Läufern holte Angenvoorth nach zunächst langsamen ersten fünf Kilometern Platz um Platz auf und lag zwischenzeitlich schon auf Rang zehn.

"Bei Kilometer 25 musste ich die Gruppe ziehen lassen. Mein Ansinnen war es, nur ja im Ziel anzukommen. Das Tempo war einfach zu flott und das bei 25 bis 28 Grad. Leider habe ich damals meine Topform aus dem Züricher 10000 Meter-Rennen, wo ich mit 29:01,4 Minuten meine beste Zeit über diese Strecke lief, nicht bis Olympia konservieren können."

Schon jetzt freut sich Paul Angenvoorth auf die Spiele in Peking, auch wenn kein Deutscher Marathonläufer am Start sein wird. Bis zuletzt lief der Krefelder für die eigene Fitness immer noch rund 70 bis 80 Kilometer pro Woche. Doch etliche Blessuren an Knien und Füßen lassen derzeit kein geregeltes Laufen mehr zu. Dem Uerdinger Zehnkämpfer und Vereinskollegen Michael Schrader wird Angenvoorth am Bildschirm die Daumen drücken: "Ich bin mal gespannt, was der Junge leisten wird."