Maikundgebung: Gewerkschaften spüren wieder regen Zulauf
Etwa 1000 Teilnehmer beim Demonstrationszug dabei. DGB-Chef Köpke beklagt den Verlust industrieller Arbeitsplätze.
Krefeld. Was die Zukunft der 2400 Industriearbeitsplätze bei Siemens in Uerdingen angehe, wisse „keiner Genaues“. Das war der vage Hinweis von Oberbürgermeister Gregor Kathstede darauf, dass Siemens und der US-Konzern General Electric um den französischen Konzern Alstom ringen. Bisher, so Kathstede in seinem Grußwort an die Mai-Kundgebung des DGB im Stadtgarten, seien alle Aussagen nur „spekulativ“. Allerdings müssten die Krefelder aufpassen, was mit dem Uerdinger Werk geschehe.
Die traditionelle Feier zum Tag der Werktätigen ist diesmal politischer als in früheren Jahren. Das liegt auch daran, dass die Kommunal- und Europawahlen kurz vor der Tür stehen. Unter den rund 40 Informations- und Verpflegungsständen aus drei Kontinenten nehmen die Besucher erstmals auch solche der CDU oder der UWG und des Krefelder Kreises zur Kenntnis. Grüne, SPD, Linke, Piraten und einige Kleinparteien gehören zum gewohnten Bild.
Einen Akzent setzt dabei das Sozialbündnis. Es legt erstmals eine „Chronik der Skandale“ vor. Eine 44-seitige Schrift, mit der sich das Bündnis „an der Meinungsbildung vor den Wahlen“ beteiligen will. Von verbummelten Millionen bis merkwürdigem Personalroulette ist alles aufgelistet, was die kommunalpolitischen Gemüter in den vergangenen 25 Jahren erregte.
Auch die Tatsache, dass der an der Fabrik Heeder startende Demonstrationszug erstmals seit vielen Jahren wieder an die tausend Köpfe zählte, ist politisch zu werten. Im Vorjahr waren es noch 800. DGB-Chef Ralf Köpke sieht das als klares Zeichen dafür, dass „die Gewerkschaften wieder an Attraktivität gewinnen.“
Er verweist darauf, dass im vergangenen Jahr mehr als 800 Stellen im industriellen Bereich weggefallen seien. Diese könnten nicht durch neue Stellen im Logistik-Sektor ausgeglichen werden, widerspricht Köpke dem OB. „Denn das Lohnniveau im Logistiksektor liegt um dreißig Prozent unter dem der Industrie.“ Köpke geißelt auch die zunehmende Verarmung. „Die Zahl der Minijobber in Krefeld ist in zehn Jahren um 45 Prozent auf jetzt 22 000 gestiegen.“
7000 von ihnen müssten neben einer Vollzeitstelle mit einem Nebenjob Geld hinzuverdienen. Es sei ein Skandal, so Köpke, dass die Stadt Krefeld mit jährlich vier Millionen Euro aus Steuergeldern die Unterbezahlung in vielen Betrieben durch „Aufstocken“ indirekt subventioniere.
Die Bundesregierung stehe zwar noch nicht für eine neue Politik, meint Hauptredner Michael Reinhard, Bezirksleiter IG Bergbau, Chemie und Energie, „aber es beginnt sich etwas zu ändern.“ Das zeige sich am Mindestlohn, der uneingeschränkt für alle gelten müsse.