Fliegende Finger, jubelndes Herz
Beim Konzert im Rittersaal sorgen der Finne Iiro Rantala und der Norweger Marius Neset für tosenden Applaus.
Krefeld. Zwei Duos, beide besetzt mit Piano und Saxophon — aber was für unterschiedliche Welten! Beim International Jazz Day im Rittersaal der Burg Linn präsentierten sich zunächst Saxophonist Claudius Valk und Pianist Sebastian Vernal intellektuell, kammermusikalisch dicht. Die Herzen der Zuschauer eroberten aber der finnische Tastenzauberer Iiro Rantala und der Saxophonist Marius Neset aus Norwegen.
Das hochkarätige Konzert war schnell ausverkauft. Dass die ursprünglich vorgesehene Solistin Erika Stucky dem Jazzklub absagt hatte, tat der Nachfrage keinen Abbruch — im Gegenteil. Die als „Ersatz“ verpflichteten Skandinavier sollen die Nachfrage noch einmal angekurbelt haben.
Die Stadt hatte Bürgermeister Frank Meyer für das Grußwort entsandt. Er erkannte im Jazz die positive Herausforderung: „Man muss genau hinhören.“ Das galt in vielerlei Hinsicht für das erste Duo mit Valk an Tenor- und Sopransaxophon und Vernal. Mit vielschichtiger Harmonik, häufigem Wechsel zwischen gebundenem und freiem Spiel bauten sie komplexe Strukturen, doch Vernal gelang es zu selten, die Raster emotional aufzubrechen.
Wenn Valk mit seinem individuellen und wunderbar vielfarbigen Ton und mit seinem Melodiegespür improvisatorisch die Zügel schleifen ließ, wirkte Vernal hernach oft zu verhalten.
Die Finger laufen, und das Herz spielt mit — diesen Eindruck machten von den ersten Takten an Rantala und Neset, der ebenfalls Tenor und Sopran bediente. In Linn trafen sie zum ersten Mal aufeinander, das Duo feierte hier Premiere — das ist kaum zu glauben. Freilich war bei den Skandinaviern alles musikalisch überschaubarer, Formen und Harmonieschemata waren nicht so komplex, und besonders Rantala hat auch keine Scheu vor Pathos und Klischee.
Dafür aber gibt er sich seinem Spiel hemmungslos hin, der Kopf wiegt hin und her, die Füße stampfen bisweilen im Rhythmus — und seinen Anschlag als zupackend zu beschreiben, ist auf jeden Fall untertrieben.
Neset ist mit seinen 28 Jahren ein kommender Star, das ist abzusehen. Sein Ton ist schon frappierend gut, die Finger fliegen bei Arpeggien bisweilen so schnell, dass eine scheinbare Zweistimmigkeit entsteht, und mit seinem Auftreten signalisiert auch Neset seine hohe emotionale Beteiligung am Spiel.
Das Publikum reagierte erwartbar. Anerkennender Applaus für die Deutschen, die immerhin gerade den Deutschen Jazzpreis gewannen, tobender Jubel für die Skandinavier.