Prozess Mord an Rentner: Mittäter wollte Tatort verlassen
Im Prozess um den Mord und Raub an einem 81-Jährigen aus in St. Tönis sagte Donnerstag die Schwester eines Angeklagten aus.
Krefeld. „Ich wollte nur die Wahrheit wissen, denn wenn er diese Tat begangen hätte, dann wäre er nicht mehr mein Bruder gewesen.“ Unter Tränen berichtete eine 27-Jährige am Donnerstag vor der ersten Großen Strafkammer am Landgericht von ihrer ersten Begegnung mit ihrem Bruder nach seiner Inhaftierung. Gemeinsam mit vier Mitangeklagten im Alter von 17 bis 21 Jahren muss sich der 22-jährige Straelener seit September wegen gemeinschaftlichen Mordes und Raub mit Todesfolge verantworten.
Die vier jungen Männer und eine Frau sollen einen 81-Jährigen im Oktober des vergangenen Jahres in seinem Haus in St. Tönis überfallen haben und ihn so heftig mit Tritten, Schlägen, Würgen und einem Elektroschocker misshandelt haben, dass er an seinen Verletzungen starb.
Die Zeugin sagte, dass ihr Bruder ihr gesagt habe, dass er damit nichts zu tun habe. Er habe sich zwar mit den anderen im Auto nach Tönisvorst begeben, aber er ging davon aus, dass es sich um einen normalen Einbruch handeln sollte. Als er dann aber gehört habe, dass der alte Mann wegen eines Tresorschlüssels, den er immer bei sich trug, mit Schlägen überwältigt werden solle, habe er nicht mehr mitmachen wollen.
Er sei — im Gegensatz zu den anderen — auch nicht mit ins Haus gegangen. Er wollte sogar wieder wegfahren, aber jemand anderes habe den Autoschlüssel mitgenommen. Auch seien zuvor alle Mobiltelefone eingesammelt worden. Später fuhr er dann mit den anderen zurück.
Auf die Frage der Strafkammer, wieso er denn nicht schon vorher ausgestiegen oder am Ort wenigstens weggerannt sei, antwortete die Schwester: „Er ist naiv und dumm.“
Als den Mitangeklagten im Nachgang des Verbrechens zu Ohren kam, dass ihr Bruder mit dem Gedanken spielte, sich zu stellen, sei er von der Familie eines Mitangeklagten bedroht worden, sagte die Schwester. Sie selbst und auch ihre Eltern hätten von dem Ganzen erst erfahren, als ihr Bruder und die anderen Wochen nach der Tat verhaftet wurden.
Der Verteidiger eines Mitangeklagten wollte der Geschichte, die der Bruder seiner Schwester erzählt hat, nicht so recht glauben. „Wie sie es geschildert hat, hätte sich seine Familie von ihm abgewandt, also ist es doch klar, dass er sich ganz klein macht und die anderen ganz groß.“
Nach dem inzwischen 17. Verhandlungstag ist mit einem Ende des Prozesses in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen. Zusammengenommen müssen 13 Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage gehalten werden.