Freizeitsport Parkour-Läufer erobern Krefeld
Marcel Nguyen (21) organisiert Kurse beim Sportverein. Wer mitmacht, braucht Mut.
Uerdingen. Sie springen mit Anlauf meterweit über die Beete auf dem Theaterplatz, machen in engen Gassen Rückwärtssaltos aus dem Stand oder schwingen sich um Straßenschilder, um gleich nach der Landung mit einer ganzen Serie von akrobatischen Figuren ihren Weg fortzusetzen.
Marcel Nguyen und seine Freunde machen Parkour und Freerunning. Bei Ersterem geht es darum, sich möglichst effizient von A nach B zu bewegen. „Beim Freerunning stehen Tricks und Akrobatik mehr im Vordergrund,“ erklärt Nguyen. Der 21-Jährige betreibt den Sport, seitdem er als Jugendlicher durch Videos bei Youtube darauf aufmerksam geworden ist. „Im Sandkasten hat es angefangen — autodidaktisch. Du versuchst die ersten Tricks so lange, bis sie klappen“, sagt Nguyen.
Zusammen mit einem Freund packt ihn der Reiz des Sports, der in Krefeld und Umgebung bisher eher wenig Beachtung gefunden habe. „Man braucht keine Hilfsmittel und die Verbindung aus Akrobatik und Fortbewegung macht einfach nur Spaß.“ Diese Begeisterung vermittelt der 21-Jährige regelmäßig in Kursen beim SC Bayer 05 am Löschenhofweg in Uerdingen. Was vor drei Jahren mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr angefangen hat, hat sich als ein Angebot des Sportvereins längst etabliert.
„Wir haben im Schnitt 30 Leute in den Kursen“, sagt Nguyen. Trainiert wird in der Sporthalle mit Kisten, Stangen und Matten. Die ersten Bewegungen sind schnell gelernt. Standards wie der „Dash“, bei dem ein Hindernis mit den Füßen voraus übersprungen wird, seien schon in den ersten zwei Probestunden möglich. Nguyen zieht den Vergleich zum Fußball: „Ich zeige dir, wie man den Ball richtig tritt, danach geht es darum, die Technik zu verfeinern und sich neue Herausforderungen zu suchen.“ Fiona Nehring hat das Fieber gepackt. Seit Anfang des Jahres nimmt die 20-Jährige an den Kursen teil. „Man lernt am Anfang vor allem, sich zu überwinden“, sagt sie. Dabei könne jeder Teilnehmer sein eigenes Tempo gehen. „Zuerst springt man auf einen Kasten, später traut man sich dann, auch drüber zu springen“, sagt Nehring.
Auch Kursleiter Marcel Nguyen stößt immer wieder an Grenzen, die er nur mit noch mehr Training überwinden kann. Genau das mache den Reiz des Sports aus. „Ich muss mich auch immer wieder überwinden, wenn ich beispielsweise einen Trick lerne, den ich noch nie geschafft habe“, sagt Nguyen und zeigt auf seinem Handy ein Video, wie er den sogenannten „Castaway“ erst nach einigen Fehlversuchen zum ersten Mal meistert. Dabei landet er einen Rückwärtssalto, nachdem er sich zuvor auf eine Stange gestützt hatte.
Für Nguyen bedeutet der Sport aber mehr als lässige Tricks — eher eine Art Philosophie: „Jeder bewegt sich anders und man kann von jedem etwas lernen. Es geht darum, sich auszutauschen.“