Prozess um Entführung: „Meine Tochter ist in der Heimat“

42-Jähriger soll sein Kind nach Algerien entführt haben.

Krefeld. Eine verzweifelte Mutter in Krefeld, eine entführte Zweijährige irgendwo in Algerien und sogar Appelle eines Richters an einen Angeklagten kennzeichnen einen nicht alltäglichen und vor allem emotional schwer verdaulichen Fall für die Beteiligten.

Denn vor dem Krefelder Schöffengericht konnte niemand den 42-jährigen Angeklagten aus Algerien dazu bewegen, den Aufenthaltsort des kleinen Mädchens preiszugeben. Im Gegenteil:

„Ich habe meine Tochter nicht entführt, ich habe sie nur Sicherheit gebracht“, so der Angeklagte über seinen damaligen Entschluss, seine kleine Tochter bei Verwandten im islamischen Glauben erziehen zu lassen. Er habe das Richtige getan, sagte der Mann mit dem Vollbart und dem schwarzen Schriftzug „Algeria“ auf seiner Jacke.

Im August des vergangenen Jahres war er mit Gewalt in die Krefelder Wohnung seiner Ex-Frau eingedrungen. Auch räumte er vor Gericht ein ein, diese zu Boden geworfen zu haben und dann mit dem kleinen Mädchen, das in seinen Pass eingetragen war, über Belgien, Frankreich und Marokko nach Algerien geflüchtet zu sein.

„Als ich ihn vor fünf Jahren kennenlernte, war alles noch gut“ erinnert sich die aufgelöste Kindsmutter C. als Zeugin vor Gericht. Sie kommt gebürtig aus Moldawien und hatte den Angeklagten vor fünf Jahren in Krefeld kennengelernt.

Erst später habe sich ihr Ehemann sich verändert und auch verlangt, dass sie als Christin ein Kopftuch trage.

Als er nach der Trennung das Kind entführt hatte, waren den alarmierten Behörden jedoch von Anfang an die Hände gebunden. „Algerien hat das Rückführungsabkommen mit Deutschland nicht unterschrieben und so ist es juristisch nicht möglich, von hier aus zu intervenieren“, so der Staatsanwalt.

Auch ihn ließ dieser Fall um das entführte Mädchen keinesfalls ungerührt. Zum Angeklagten sagte er: „Sie meinen das Richtige zu tun? Sie bleiben solange im Knast, bis sie das Kind rausrücken.“

Juristisch funktioniert das. Wenn der Algerier seine Haftstrafe in drei Jahren abgesessen und bis dahin nicht offenbart haben wird, wo sich das Kind befindet, kann er gleich wieder in Untersuchungshaft genommen werden.

Grund ist, so der Richter, dass dann immer noch der Tatvorwurf bestehen bleibt, dass er ein entführtes Kind im Ausland verborgen hält — auch wenn es sich dabei um seine Tochter handelt.

Doch davon und auch von den Bitten der Kindsmutter wollte der Angeklagte nichts wissen: „Wieso Ausland? Meine Tochter ist nicht im Ausland, sondern in ihrer Heimat“, sagte er in Richtung seiner Ex-Frau.

Wieder bot der Richter dem 42-Jährigen eine Chance an: „Wenn Sie gegen das heutige Urteil Einspruch einlegen und dann Hinweise auf das Kind geben, könnte sich das strafmildernd auswirken.“ Dazu hat der Richter eine einwöchige Frist gesetzt.