Satirisch, bissig und humorvoll
Dieter Nuhr wehrt sich gegen Borniertheit und Hass und begeistert sein Publikum.
Kempener Feld. Wenn Dieter Nuhr auftritt, ist die Halle voll — wie am Samstagabend im König-Palast. Das hat seinen Grund, denn er beherrscht die Kunst, sein Publikum gleichzeitig zum Nachdenken und zum Lachen zu bringen. Dabei hilft ihm sein Humor, der sich der Oberflächlichkeit verweigert und dennoch Spaß macht. Dank dieser Gabe ist der Kabarettist auch nach 30 Jahren auf der Bühne massentauglich. Vor allem aber ist seine Kritik an Gott und der Welt durchdacht und nachvollziehbar.
„Ich habe noch keine Nachrichten gehört. Haben wir schon eine neue Regierung?“, lässt sich der Kabarettist die Vorlage der Politiker mit den misslungenen Jamaika-Verhandlungen nicht entgehen und knöpft sich einige der Beteiligten vor. „Haben sie im Jurassic Park die Türen offengelassen?“, versucht er sich die Wiederauferstehung von Jürgen Trittin zu erklären. Angela Merkel vergleicht er mit der Schwarzen Witwe: „Mit dem Unterschied, dass diese Spinnenart ihre Männchen nur manchmal verspeist.“ Richtig gut findet er nur Frauke Petry. „Die findet die AfD Scheiße — das habe ich aber schon vor ihr erkannt — ein Haufen alter Nazis und Verschwörungstheoretiker.“ Damit ist Nuhr bei seinem eigentlichen Thema angelangt. Er wehrt sich gegen jede Art von Borniertheit, Ignoranz und Populismus. Irrsinn und Hass seien das Motiv von Terroristen. Die gehörten deshalb auch nicht ins Gefängnis, sondern ins Irrenhaus, befindet er.
Bei den Populisten stört ihn das ewig Gestrige. „Da gibt es einen Bodensatz, der würde auch den Führer oder Zombies wählen.“ Man müsse ja nichts können, um wählen zu dürfen. Vielleicht sollte man wenigstens voraussetzen, dass ein Wähler den Namen der Partei fehlerfrei schreibt, vorausgesetzt, der Wahlhelfer könne dies auch beurteilen. Früher hielten sich die Idioten meist zurück, um nicht aufzufallen. „Heute vernetzen sie sich im Internet und behaupten, früher war alles besser.“ „Nix war früher besser“, ereifert sich der Querdenker. „Früher war das Klo im Treppenhaus, heute ist sogar Internet in Tönisvorst.“ Und in der DDR hätten sich alle gegenseitig geholfen. „Ja, und ein Dritter stand dabei und hat’s aufgeschrieben“, erinnert er an den Stasi-Staat.
Heute, wo es allen besser gehe, würden die Trumps und Erdogans gewählt, um alle demokratischen Errungenschaften wieder kaputtzumachen, ärgert sich Nuhr. Dabei habe die viel kritisierte EU zu anhaltendem Frieden geführt. Seine Generation sei die erste, die sich nicht mehr gegenseitig bekriege. Der Vorteil der Wirtschaftsgemeinschaft: „Es wäre ja auch blöd, die eigene Kundschaft zu erschießen.“
Sein Bonmot zum Brexit: „Ohne Europa wäre England nur eine Nordseeinsel.“ Vor allem wehrt er sich gegen undifferenzierte Aussagen. Sein Beispiel: 15 große Tankschiffe stießen so viele Abgase aus wie all unsere Dieselfahrzeuge in Deutschland in 16 Jahren zusammen. „Es hilft also nicht, wenn Sie jetzt ihren Diesel verkaufen und anschließend zur Kreuzfahrt aufbrechen.“ Die Frage, wo er den Rest seines Lebens verbringen möchte, ist zugleich seine Botschaft zum Schluss und identisch mit dem Namen seines neuen Programms: „Nuhr hier — nur heute.“