Schüler bringen Stolpersteine aufs Smartphone
Die Schüler der Klasse 10d entwickelten in einer App einen Parcours durch die Stadt. Der erinnert an jüdische Bürger in der NS-Zeit.
Krefeld. Jeder Stein ist eine Erinnerung, deutet auf eine persönliche Geschichte von Menschen, über die man ohne den Parcours nicht so leicht „stolpern“ würde. Im Rahmen ihrer Projektwoche haben die Realschüler der damaligen 9d etwas Besonderes auf die Beine gestellt: Sie bringen das Andenken von Krefeldern aufs Smartphone, die in der Zeit des Nationalsozialismus’ verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.
Mithilfe der „biparcours“-App des Landes NRW, die speziell für Bildungseinrichtungen entwickelt wurde, ermöglichen die Jugendlichen interessierten Krefeldern einen einfachen Zugang zur eigenen Historie. In der App ist ein Parcours hinterlegt, der knapp fünf Kilometer lang ist, knappe 180 Minuten dauert und sogar ein Quiz beinhaltet.
Die Teilnehmer des Parcours erwartet eine ernste, aber spannende Zeitreise. Zu insgesamt 13 Stolpersteinen führt die Tour, die an der Villa Merländer beginnt. Hier hat Maximilian Mehlko zusammen mit seinem Klassenkameraden die Geschichte von Richard Meerländer für den ersten Stolperstein recherchiert: „Unser Lehrer, Herr Schierbrand, hatte die Idee dazu. Am meisten Spaß hat mir die Recherche zu den Einzelschicksalen gemacht.“ Man sei richtig in das Leben der Personen eingetaucht, sagt Maximilian. Diese intensive Recherche fand in Zusammenarbeit mit der Villa Merländer statt. Die Geschäftsführerin dieser NS-Dokumentationsstelle, Ingrid Schupetta, arbeitet schon seit zwei Jahren mit der Realschule Horkesgath zusammen und unterstützt Schüler bei der Suche nach Archivmaterial.
Auch Aicha Kamera Mbah blickt gern auf die Projektwoche zurück. „Man hat viel durch ein kleines Detail gelernt, was man sonst in der Stadt nicht beachten würde“, sagt die 15-jährige Schülerin. Die Stolpersteine erstrahlen durch die Arbeit der 10d nun auch in neuem Glanz: Alle Steine wurden für das Projekt poliert und gereinigt.
Der Geschichtslehrer Matthias Schierbrand lobt seine Schüler für ihre Leistung: „Für mich als Lehrer ist natürlich das Schönste, die sehr engagierten Schüler zu erleben. Man sah ihnen den Spaß bei der Erstellung des Inhalts für die App an, und das ist für mich auch ein deutliches Zeichen, neue Medien mehr in den Unterricht einzubinden. So lernen die Schüler den Umgang damit und sammeln gleichzeitig Wissen über Geschichte.“
Auch die Nutzer der App können Einiges lernen: Zu jedem Stolperstein kann man bei dem interaktiven Parcours eine Frage beantworten. Die Antwort auf die Frage steht in dem Informationstext zum jeweiligen Stein. Im besten Fall sammelt man so 100 Punkte pro Stein, insgesamt also 1300.
Der 15-jährige Maximilian kann die Arbeit mit der „biparcours“-App sehr empfehlen. Auch für künftige Projektwochen sieht er weiteres Potenzial: „Wir haben quasi eine Art Grundlage geschaffen und mehrere Klassen werden jetzt damit weiter arbeiten können.“
Die App als Lehrmittel der Zukunft für Geschichte? In Krefeld wurde dafür jedenfalls schon einmal ein wichtiger Grundstein gelegt.