Auto Senior gibt Führerschein freiwillig ab

Der Hülser Karl Vüllings, Jahrgang 1930, hat freiwillig seinen Führerschein abgegeben. Er ist nicht der einzige Senior, der sich nicht mehr selbst hinters Steuer setzen will.

Foto: Jochmann

Krefeld. Seit 1965 ist Karl Vüllings Auto gefahren. Er hat keine „Weltreisen“ gemacht, aber täglich — an manchen Tagen mehrmals — ist er von Krefeld nach Düsseldorf gependelt. „Ich habe als Bass an der Oper gesungen“, sagt er. Düsseldorf besucht der Senior, Jahrgang 1930, immer noch regelmäßig, um ehemalige Kollegen zu treffen. Doch mittlerweile setzt sich Vüllings nicht mehr selbst ans Steuer. Sein Sohn kutschiert den Opel des Vaters, der jetzt seiner ist. Die Rollenverteilung ist endgültig: Karl Vüllings hat den Führschein abgegeben.

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Sein Leben lang ist Mobilität wichtig für Vüllings. Als Junge bastelt er sein erstes eigenes Fahrrad, 1965 macht er den Führschein, und fährt nun mit dem Auto täglich zur Oper nach Düsseldorf, wo er im Chor und manchmal auch als Solist („Ich habe kurze Zeit auch den Sarastro in der Zauberflöte gesungen“) auf der Bühne steht. Im Urlaub geht es mit Frau und Kindern nach Jugoslawien, Dänemark und immer wieder Holland, wo der Wohnwagen steht, der zur zweiten Heimat geworden ist. „In der Nähe von Domburg, Oostkapelle“, sagt Vüllings.

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Bis Ende 2014 fährt er gern Auto. Doch dann erkrankt der Hülser, ein Zeh wird ihm abgenommen. Ein Jahr lang kann er nicht mehr Auto fahren, danach sagt Vüllings: „Nein, ich wollte einfach nicht mehr.“

Er fürchtet, dass er mit den orthopädischen Schuhen, die er jetzt tragen muss, aus Versehen neben das Pedal treten oder das Gaspedal statt der Bremse treffen könnte, erzählt Vüllings. „Ich bin sehr unsicher. Das Gefühl fehlt mir.“ Außerdem, so nimmt er es jetzt wahr, seien die Verkehrsteilnehmer immer schneller und rücksichtsloser unterwegs.

Seinen Führerschein abzugeben, ist ihm leicht gefallen. „Ich habe ja immer einen Fahrer. Von den Kindern ist immer einer da.“ Haben die Kinder ihn womöglich gedrängt, das Autofahren aufzugeben? „Nein“, sagt Karl Vüllings, „das ist alles nach meinem Willen geschehen.“

Für seine täglichen Touren braucht der Hülser kein Auto. Im Lazarushaus an der Kempener Straße wohnt er zentral. Zu Fuß ist er nicht gerne unterwegs. „Ich habe ein E-Bike“, erzählt Vüllings, „das erste Fahrrad, dass ich mir gekauft habe.“

E-Bikes sind ihm vertraut. „In Holland war ich immer damit unterwegs, weil es da immer Gegenwind gibt“, sagt er lachend. Bis auf 25 Stundenkilometer kann er beschleunigen, doch meistens rollt Vüllings mit rund 15 Stundenkilometern durch Hüls, fährt ins Krefelder Zentrum oder macht einen Ausflug nach Neukirchen-Vluyn, „aber um den Berg herum“.

Eingeschränkt fühle er sich nach seiner Führerscheinabgabe nicht, auch wenn die Familientouren nach Holland nun der Vergangenheit angehören. Vielmehr sei er „zufrieden und erleichtert“. „Das Elektrorad macht mich mobil.“ Auch seine Kinder finden die Entscheidung gut. „Sie waren erstaunt, sind aber zufrieden.“

Erstaunt waren auch die Beamten in der Wache an der Hansastraße, in der Karl Vüllings seinen Schein abgab. Nicht über den abgegriffenen Lappen mit dem Jugendfoto des Seniors, sondern über das außergewöhnliche Exemplar eines „Fußgängerscheins“, in dem statt eines Konterfeis des Besitzers ein Beinpaar zu seiner Identifizierung dienen soll. Darüber, sagt Vüllings grinsend, habe die ganze Wachmannschaft gelacht.