Siempelkamp: Schwertransport ohne Polizei?

Das Land will an Eskorten sparen. Für die Experten von Siempelkamp bleiben viele Fragen offen.

Krefeld. Ein Aufschrei ging durchs Land, als Innenminister Ralf Jäger Schalke 04 drohte, keinen Polizeischutz für die Spiele mehr gewähren zu wollen. Das Land möchte Personalkosten für außerordentliche Dienste sparen.

Das gleiche Motiv steckt hinter der aktuellen Ankündigung, Schwertransporte auf den Straßen nicht mehr durch Polizei begleiten zu lassen. Landesweit hatte sie 2012 mehr als 27 000 solcher Transporte gesichert und kontrolliert.

Derzeit läuft im Kreis Siegen ein Modellversuch, diese Aufgabe durch Fachfirmen durchführen zu lassen. In Kürze soll Krefeld einbezogen werden. Auch Verkehrsminister Michael Groschek unterstützt das Projekt und wirbt damit, dass die Abwicklung der Transporte für die Unternehmen flexibler wird.

Das sehen die Logistikexperten von Siempelkamp differenzierter. Die Geschäftsbereiche Maschinenbau und Gießerei führen im Monat zwischen 40 und 60 Sondertransporte durch und wären von einer Änderung besonders betroffen.

„Wir hätten gern zunächst ein Konzept gesehen, bevor ein solcher Beschluss getroffen wird“, so Thomas Zachau, der Auftragsabwicklung und Versand der Gießerei verantwortet. Ein solches sei auf Anfrage nicht zu erhalten gewesen. Ihn treiben gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Tenberken, der für Logistik und Abwicklung des Maschinenbaus zuständig ist, einige Sorgen um.

Etwa: Welche Spediteure haben eine entsprechende Genehmigung und Qualifikation? Müssen deren Mitarbeiter geschult und wie in den Niederlanden, Belgien und Österreich vereidigt werden? Erhalten diese auch den nötigen Handlungsspielraum oder fehlt ohne Blaulicht der Respekt der Autofahrer vor Absperr- und anderen Verkehrsmaßnahmen? Wer nimmt statt der Polizei die Fahrzeuge sicherheitstechnisch ab, eventuell ein Gutachter von Tüv oder Dekra?

Natürlich befürchten die Experten auch einen Anstieg der Kosten. Begleitunternehmen werden sich ihre zusätzlichen Dienste gut bezahlen lassen. Die Polizei berechnet ihren Einsatz bei Nacht bisher mit moderaten 55 Euro pro Person und Stunde. Das ist im Vergleich zu den jährlichen Transportkosten eines Unternehmens wie Siempelkamp in Millionenhöhe eher ein Nebenfaktor.

Trotz all dieser Bedenken können die Logistikexperten der Umstellung auf Begleitunternehmen durchaus Positives abgewinnen. Der Grund: Die Polizei ist in ihrer Bereitstellung eingeschränkt. So komme es vor, dass sie zu Verkehrs- oder Brandunfällen gerufen werde und die Begleitung vorübergehend einstelle. Beim letzten „Blitzmarathon“ sei im ganzen Siegener Raum kein Polizist für Transportaufgaben abgestellt worden. Konsequenz: Wartezeiten, ausfallende Anschlusstransporte durch Schiffe und nicht fristgerecht gelieferte Ware.

Ein anderes Problem drückt die Transportwirtschaft viel mehr: kaputte Straßen und Brücken. Tenberken: „Dass deshalb immer häufiger Transporte zu großen Umwegen gezwungen werden, ist für den Standort Deutschland schädlich.“