Mit dem neuen Schlitten ging es den Bahndamm hinunter
Margret Waßen hat als Kind überraschend Besuch vom Christkind bekommen.
Fischeln. Margret Waßen hätte nie gedacht, dass das Christkind auch im Jahr 1944 bei ihr vorbeischauen würde. Sie erinnert sich: Es war im Dezember 1944 und es ging stramm auf Weihnachten zu, als Vater uns klarmachen musste, dass in diesem Jahr das Christkind wohl sehr arm sein würde. Wunschzettel haben wir deshalb gar nicht geschrieben.
Am Weihnachtsmorgen ging aber trotzdem das Glöckchen im Tannenbaum. Unter der Decke, die bis fast auf den Boden reichte, stand ein wunderbarer Rodelschlitten. Mein Bruder und ich konnten es nicht fassen: Mit dem neuen Schlitten konnten wir den Bahndamm herunterrodeln. Das war nicht ungefährlich: der Damm war verflixt steil. Drei Wochen später fand ein schlimmer Angriff auf Krefeld statt. In den Gaststätten wurden Notstationen eingerichtet, wo die die Ausgebombten versorgt wurden. Zwei größere Mädchen aus der Nachbarschaft schnitten Kommissbrot und brachten es in großen Körben zur Notstelle. Die Mädchen taten mir leid. Ich lieh ihnen meinen Schlitten.
Abends im Bunker — wir schliefen schon seit ein paar Monaten dort — traf ich besagte Mädchen und fragte nach dem Schlitten. Deren betretene Gesichter sagten mir genug: Sie hatten ihn draußen stehengelassen und glatt vergessen. Natürlich war er weg— so ein Transportmittel konnte damals jeder gebrauchen. Ich versuchte, den dicken Kloß aus dem Hals zu bekommen und lief zur Mutter, um mich von ihr trösten zu lassen.
Aber ein paar Monate später war alles vergessen: Am 2. März 1945 kamen die ersten Amerikaner nach Krefeld - und für uns war der Krieg aus! Das war für uns alle das schönste Weihnachtsgeschenk. Red