Stadt plant Kita auf einem Gelände mit Altlasten

Anwohner berichten von vielen Krebsfällen. „Lunkebeins Kull“ diente als illegale Müllkippe.

Krefeld-Alt-Lindental. Herbert Bein (71) ist Diplom-Ingenieur, ein bedachtsamer und nachdenklicher Mensch. Seine Frau Marlies erkrankte zwei Mal an Krebs. Sie wohnen in einem Einfamilienhaus an der Randstraße in Alt-Lindental. Das Haus gehörte einer Schwester und einem Schwager seiner Frau: Beide sind tot, gestorben an Krebs. Auch Beins Eltern, die an der Landwehr wohnten, erkrankten an Krebs, sein Vater fiel der heimtückischen Krankheit zum Opfer.

Der Maschinenbautechniker listet acht Todesfälle und fünf akute Krebserkrankungen in seiner direkten Nachbarschaft auf. Die Häuser liegen alle im Bereich des Grundstücks, auf der eine Kindertagesstätte (Kita) für fast 150 Kinder geplant ist. „Wir möchten, dass ein fürchterliches Unheil für die Kinder verhindert wird“, sagt Herbert Bein. Deshalb haben er und unabhängig von ihm seine Nachbarn Alfred Heimes und Ingeborg Wolfers im Juli vergangenen Jahres schriftliche Einwände gegen den Bebauungsplanentwurf erhoben. Heute soll der Plan im Rat beschlossen werden.

Die „Lunkebeins Kull“ sei jahrelang als illegale Müllkippe missbraucht worden. „Endlose Lkw-Kolonnen haben dort Schutt, Schlacke und Fässer abgekippt“, stellt Ingeborg Wolfers fest. Diese Kull lag am und hinter dem Gelände der künftigen Kita. Später sei sie durch Industrieschlacke aufgefüllt worden.

Die Paare sind sicher, dass dort die Ursache für die hohe Krebsrate liegt. „Dort liegen Schwermetalle, Quecksilber, Asbest und Giftmüll in blauen Fässern. Chrom wurde festgestellt, Autos, Kühlschränke, Fahrräder, Mopeds“, zählt Herbert Bein auf. Schriftlich fragten sie die Politik, „ob sie die Verantwortung für ein zur Zeit unkalkulierbares Risiko“ übernehmen wolle.

Die geplante Auskofferung und den Austausch der Erde und den Einbau einer Grabesperre auf dem rund 3500 Quadratmeter großen Kita-Gelände bezeichnen beide Gesprächspartner als „lächerliche Kosmetik“.

In der Verwaltungsvorlage zum Bebauungsplan ist zu lesen: Der Bau biete die Möglichkeit „einen erheblichen Teil einer kontaminierten Fläche . . . umfangreich zu sanieren.“ Ein weiterer Teil bleibt also kontaminiert.

Nachfragen der WZ im Ärztehaus an der Forstwald-, Ecke Randstraße führen nicht weiter. Die Praxis der Allgemeinmediziner Jürgen Schmöe/Ute Kett/Dorothea Finke will sich zu den vielen Krebserkrankungen nicht äußern. Anfragen bei der örtlichen Ärztekammer und dem Helios-Klinikum bleiben unbeantwortet.

An das Krefelder Presseamt stellte die WZ folgende Fragen: „Ist dem Gesundheits- oder Umweltamt der Stadt bekannt, dass an der Randstraße eine extrem hohe Häufigkeit an Krebserkrankungen festzustellen ist? Das betrifft sowohl Todesfälle als auch akute Erkrankungen. Sind im Zusammenhang mit der geplanten Kindertagesstätte örtliche Mediziner im Ärztehaus an der Forstwaldstraße dazu befragt worden?“

Die Antwort: „Einen Zusammenhang mit eventuell aufgetretenen Krebserkrankungen von Anwohnern der Randstraße und der erwähnten Altlastenverdachtsfläche herzustellen, ist spekulativ.“ Da es vielfältige Ursachen für Krebserkrankungen gebe und diese sich nach den Lebensumständen und -gewohnheiten eines Betroffenen, nach dessen eventuellen erblichen Voraussetzungen und weiteren anderen Faktoren richteten, wäre es selbst bei einer tatsächlichen Häufung von Krankheitsfällen in einem räumlich eingrenzbaren Bereich kaum möglich, diesen Zusammenhang als Krankheitsursache nachzuweisen.