Stadtführung: Den Durst auf Geschichte stillen

Der Verkehrsverein führt zu spannenden Krefelder Orten.

Krefeld. 10.30 Uhr, die Sonne scheint auf den Rathausplatz - dem schlechten Wetterbericht zum Trotz. Der Wind bläst den 20 wartenden Menschen ins Gesicht, die zum Streifzug durch die Krefelder Geschichte gekommen sind. Karola Goris ist mitten unter ihnen. Sie wird die Führung heute übernehmen. "Krefeld zu Fuß gibt es jetzt seit etwa einem Jahr. Stadtführungen mache ich aber bestimmt schon seit zwölf Jahren", sagt Goris - klingt viel versprechend.

Erste Station der Tour ist das imposante Rathausgebäude - einst das Stadtschloss des Seidenfabrikanten Carl von der Leyen, wie die Teilnehmer - allesamt Krefelder und alle das erste Mal bei einer solchen Stadtführung dabei - erfahren. Die Familie von der Leyen, ursprünglich aus Radevormwald, begründete mit der Seidenweberei die Textilindustrie in Krefeld, welche in ihrer Blütezeit im 18. Jahrhundert internationalen Ruhm erlangte. Die Runde nickt interessiert. Ob die Familienministerin Ursula von der Leyen etwas mit "unseren" von der Leyens zu tun habe? "Das weiß ich nicht. Ich habe eine Email geschrieben, bis jetzt allerdings noch keine Antwort bekommen", erzählt Karola Goris. Allgemeines Gelächter.

Weiter geht es zum Haus Floh, jetziges AOK-Gebäude, an der Friedrichstraße, das ein schönes Beispiel für den architektonischen Übergang vom Rokoko zum Klassizismus darstellt: rundbogige Mitteltür mit Werkstein umrahmt, Schlussstein und Zwickel mit Blattornamenten.

Eine in den Boden eingelassene Eisentafel auf der Fußgängerzone markiert das Niedertor. Das ursprüngliche Krefeld reichte gerade mal von dort bis zum Obertor, sprich von der Hochstraße bis zum Neumarkt. Erstmalig erwähnt wurde die Stadt 1105, in einem Verzeichnis über Besitzrechte des Klosters Werden.

Karola Goris, Krefelder Stadtführerin

Wissen macht durstig und so wird auf dem Bauernmarkt ein kurzer Stopp für einen frischen Apfelsaft eingelegt. Es geht weiter zum alten Tor der Mennoniten-Kirche, der heutige Eingang liegt an der Königsstraße. "Die Mennoniten-Kirche ist das älteste Kulturdenkmal innerhalb der vier Wälle."

Bevor es zur Alten Kirche geht, führt der Rundgang über die Angerhausenstraße, vorbei am ursprünglichen Stadtzentrum Schwanenmarkt und Et Bröckske, zur Peterstraße, wo einst die Alte Synagoge stand, die 1939 zerstört wurde. Ein Mahnmal erinnert an die ermordeten Juden während des Nationalsozialismus.

Am Ostwall bestaunen die Teilnehmer die Linsenallee des Bildhauers Adolf Luther, die 1990 vom Verschönerungsverein Ostwall gestiftet wurden. Die filigranen Kunstobjekte stehen in Kontrast zu dem monumentalen Stein, der die Umrisse der Stadt mit ihren Stadttoren und Kirchen zeigt. Letzte Station ist der Stadtmarkt, wo sich die Geschichtsinteressierten mit einem Glas Sekt verabschieden. Das Interesse an der Krefelder Stadtgeschichte ist groß: "Bis jetzt waren alle Veranstaltungen ausgebucht", so Goris.