Burg Linn Die Gesichter des Flachsmarkts
Wenn am langen Pfingstwochenende auf Burg Linn wieder Rittergeschichte erlebbar wird, ist das dem Engagement Vieler zu verdanken. Wir stellen drei Menschen hinter dem Markt vor.
Krefeld. Die alten Rittersleut‘ erwachen einmal im Jahr zu neuem Leben. Beim Linner Flachsmarkt zeigen sie auf der Ritterwiese ihr Lager mit dampfender Küche, heißer Schmiede, edlen Damen bei der Handarbeit, mit Tanz oder Spiel und natürlich mit einem spannenden Turnier. Zuständig für den alljährlichen Kraftakt rund um diesen Ausflug in die Geschichte, ist die Linner Ritterrunde. Ihre 70 Mitglieder haben jetzt kurz vor dem historischen Markt an der Burg alle Hände voll zu tun.
Rembodo von Budberg hat die Güter von Wynnendunk in der Pfarre Büderich inne. Er ist 1272 Drost, das entspricht einem Beamten. Rundenleiter Guido Heisterbach verkörpert diese Figur. „Eigentlich bin ich der erste Vorsitzende des Vereins Linner Ritterrunde“, erzählt er. Damit die Sache schön authentisch ist, wird er als Rundenleiter bezeichnet. König Artus lässt grüßen.
Bis zum Start des Flachsmarktes am Samstag bleibt den Ehrenamtlern kaum Zeit. „Das gesamte Material muss aus dem Oppumer Depot nach Linn gebracht und aufgebaut werden“, erzählt der Ritter: Zelte, Turniertribüne, Reitbahn, Verkaufsstände und die Küche, in der das Gesinde Speisen nach mittelalterlichen Rezepten auf offenem Feuer zubereitet. „Ritter in schillernden Farben, gekleidet in kostbare Gewänder, auf feurigen Pferden in den Turnierschranken, um für die Dame des Herzens eine Lanze zu brechen; so war das Mittelalter nicht nur in England, Frankreich und Spanien, sondern auch hier in Linn.“
Das ganze Jahr ist dafür Training angesagt, im Schwertkampf etwa. „Die Waffen sind nach deutschem Waffengesetz offiziell Deko-Gegenstände, aber dennoch aus Eisen geschmiedet und entsprechend schwer. Das will geübt sein.“
Obwohl der Flachsmarkt für die Mitglieder der Ritterrunde viel Arbeit bedeutet, haben sie viel Spaß daran, das Mittelalter zu präsentieren. „Ich bin seit 1975 in verschiedenen Rollen dabei und freue mich jedes Mal, wenn es wieder losgeht und es heißt: ,Seid gegrüßet, Edle, Bürger und all Gäst‘. . .‘“, sagt Rembodo von Budberg, alias Guido Heisterbach, der im wahren Leben Rentner ist.
Stephan Beek möchte so viele alte Krefelder Türen und Fenster retten, wie möglich. „Die meisten Leute wissen nicht, dass es möglich und meistens auch kostengünstiger ist, diese historischen Häuserteile aufzuarbeiten als neu zu kaufen.“ Beek ist Restaurator und Tischlermeister und hat eine Firma an der Scharfstraße. Besucher können ihm auf dem Flachsmarkt über die Schulter sehen, wie er an alten Intarsien-Tischen fachgerecht tätig wird. „Erhalten und Gestalten“ ist das Motto von Beek, ganz egal, ob die guten Stücke aus dem Mittelalter, oder den 50er und 60er Jahren stammen. „Wir frischen sie auf, damit die Oberfläche lebendiger wird. Dabei bleibt die Patina erhalten, damit die Möbel ihr Alter auch weiter verraten.“
Derzeit arbeitet Beek in seiner Werkstatt an einer weiß lackierten Flurtür aus Weichholz, die aus dem 19. Jahrhundert stammt. „Das Schloss wurde bei einem Einbruch herausgebrochen, das Holz an dieser Stelle zerstört. Ich nehme eine neue Holzleiste zur Reparatur, da die Tür wieder lackiert wird.“ Für Fälle, in denen das Holz sichtbar bleibt, hat er Ersatz aus alten Zeiten auf Lager. „Ich weiß, woher es kommt und wie alt es ist und kann es stilecht verarbeiten, also original restaurieren.“
An der Wand steht eine dunkle Flügel-Hoftüre aus Eiche. Sie stammt aus einem Haus anno 1880. „Da ich noch eine zweite habe, überlege ich, ob ich sie vielleicht als Fronten für einen Bücherschrank nehme. Zweckentfremden kann richtig gut werden“, sagt er und lacht. Auf den Flachsmarkt bringt Beek unter anderem einen kleinen Intarsien-Etageren-Tisch mit, dessen Oberfläche fehlerhaft ist.
„Die aus alten Materialien wie Rosenholz neu gefertigten Intarsien werde ich mit Knochenleim befestigen. Ich lege Wert auf natürliche Werkstoffe.“ Mit Schellack — einer harzige Substanz, die aus Gummilack hergestellt wird — werden die Oberflächen behandelt. Und weil Stephan Beek zusätzlich noch eine Liebe zu alten Werkzeugen hat, bringt er historische Hobel, ein Schultermesser und eine Klobsäge mit.
Ohne die vielen Hundert ehrenamtlich tätigen Helfer könnte der Flachsmarkt nicht stattfinden. Vertreter von Vereinen, die meisten davon aus dem „Konzern“ des Linner Schützenvereins, stehen Jahr für Jahr für die unterschiedlichsten Aufgaben parat. Sie sitzen an den Kassen oder passen auf, dass kein Besucher über den Zaun springt oder in den Burggraben fällt.
Eine Gruppe, die von den Handwerkern besonders gerne gesehen wird, sind die Königsgrenadiere, die in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag feiern. Auch im Jubiläumsjahr sind sich die edlen Mitglieder nicht zu schade, mit einem Karren über das Burggelände zu ziehen. „Auf dem kleinen Wagen befindet sich morgens Kaffee und mittags noch einmal und ein Rosinenstütchen für jeden Aussteller“, berichtet Hans-Peter Coenes, Geschäftsführer und Oberleutnant der Grenadiere. Er ist seit 42 Jahren dabei. „Wir haben die Aufgabe 2001 von den Freunden vom Fanfarenzug übernommen.“
Rund 700 Liter Kaffee werden an den drei Pfingsttagen auf einer Spezialmaschine in der Nähe der Ritterwiese gebrüht und anschließend verteilt. „Wir laufen bei Wind und Wetter in fünf Gruppen zu je sechs Leuten samt Zucker und Milch zu den Ständen. Nur die Tassen müssen die Händler selbst stellen.“
Die Verantwortlichen des historischen Marktes munkeln oft, dass dieser Service mit gutem Kaffee und süßem Stütchen ein wichtiger Grund für die Liebe der Handwerker zu Linn sei . . .