Oppum: Realschüler basteln eine Mauer gegen das Vergessen

Ein Wandteppich mit den aufgestickten Namen ermordeter Juden in Krefeld hält die Erinnerung wach.

Krefeld. "Ich danke euch für die schöne Arbeit. Ihr habt etwas Einmaliges geschaffen", lobt Michael Gilad, zweiter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Krefeld, die 100 Schüler der Realschule Oppum.

Die Klassen neun und zehn haben in halbjähriger Arbeit einen Wandteppich mit 600 gestickten Namen von ermordeten Krefelder Juden hergestellt und nun der Gemeinde zum Geschenk gemacht.

Gilad ist begeistert: "Das hat mehr Wirkung als ein Gedenkstein, die Symbolik ist eine ganz andere." Erdacht und betreut haben die Aktion die Lehrerinnen Angelika Billmann, Hiltrut Kroth und Almut Molls. "Jedes der Stoffstücke symbolisiert einen Stein. So soll eine Mauer gegen das Vergessen entstehen", erklärt Kroth.

Die Farbe der gestickten Namen sei bewusst gewählt. Rot stehe für das vergossene Blut, die Liebe oder den Neuanfang. Die Mauer sei offen gestaltet, da es noch unbekannte Opfer gebe und der Teppich auch an die nicht jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Krefeld erinnern solle.

Von den Zehntklässlern, die im Textilunterricht an dem Werk arbeiteten, waren besonders die Mädchen fleißig. Die 16-jährige Anja Lieberum hat wie ihre Freundin Sabrina Walter acht "Steine" mit Namen versehen. Romina Ackermann bestickte gar 18 Stoffstücke. "Die Geschichte ist nicht mehr so fern, wenn man die Namen und Schicksale vor sich sieht. Ich habe die 16 ermordeten Mitglieder der Familie Leven auf den Stoff gestickt", sagt die 15-jährige Krefelderin.

Im Anschluss zeigt Gilad den Schülern die Synagoge, für die Jungen gibt es eine Kippa, um den Hinterkopf zu bedecken. Die Jugendlichen bekommen eine Einführung ins Judentum und seine Bräuche und haben selber viele Fragen. Fasziniert sind die Realschüler, als der 62-Jährige die Torarolle hervorholt und über die Entstehung der Einzelstücke spricht.

"Wir sollten uns alle gegenseitig respektieren. Egal welcher Religion man angehört. Dann gäbe es endlich Frieden auf der Welt", gibt Gilad den Schülern mit auf den Weg. Der Wandteppich mit dem Titel "Mauer gegen das Vergessen" soll in der Bibliothek des Gemeindezentrums an der Wiedstraße hängen.