Kunst Tinguelys besondere Beziehung zu Krefeld

KWM-Direktor Paul Wember und Hans Mayer ermöglichten dem Schrott-Poeten in den 60er-Jahren den Durchbruch in Deutschland.

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Krefeld. Nach 56 Jahren hat sich nichts an der Wirkung von Jean Tinguelys beweglichen Objekten auf den Betrachter geändert. „Wohl kaum ist im Verlauf einer Ausstellung in einem Museum so viel gelacht worden, waren so viele freudige Gesichter zu sehen wie bei dieser — und das hatte Tinguely wohl beabsichtigt“, beschreibt der damalige Direktor des Kaiser-Wilhem-Museums, Paul Wember, die Stimmung 1960 im Krefelder Museum Haus Lange in seinem 1973 im DuMont-Verlag erschienenen Buch „Kunst in Krefeld“. Unter dem Namen „Maschinenbilder und Maschinen“ stellte der Schweizer Künstler damals erstmals in Deutschland seine beweglichen, klingenden, scheppernden, ratternden und qualmenden Objekte aus, die er aus allen möglichen Schrottteilen zusammengeschweißt hatte.

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In der aktuellen Einzelausstellung „Jean Tinguely — Super Meta Maxi“ im Museum Kunstpalast in Düsseldorf ist das in diesen Wochen nicht anders. Es wird beim Besuch in den sonst üblicherweise eher ruhigen Räumen viel gelacht und es gibt viele freudige junge wie auch ältere Gesichter zu sehen.

Dem KWM-Museumsdirektor Paul Wember (3.v.r.) hat Tinguely (l.) die erste Einzelausstellung in einem Museum zu verdanken. Das Foto zeigt Tinguely bei der Vorführung der malenden und qualmenden Méta-Matic No. 17 auf der ersten Biennale von Paris, vor dem Musée d’Art moderne de la Ville de Paris, 1959. Das Foto stammt von John R. van Rolleghem.

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Für den aufmerksamen Beobachter gibt es beim Rundgang durch die Ausstellung ein unerwartetes Wiedersehen mit Paul Wember. Im Hintergrund der Méta-Matic No. 17 ist ein großformatiges Foto aufgezogen. Das zeigt Jean Tinguely 1959 auf der ersten Biennale von Paris, auf der er im Freien seine qualmende und malende Maschine persönlich vorstellt. Unmittelbar dahinter in der ersten Reihe steht im grauen Anzug Paul Wember, der damals bereits zu den bedeutendsten Museumsdirektoren und Förderern der künstlerischen Avantgarde in Deutschland gehörte.

Wember war von dem Künstler begeistert, der mit den bisherigen Sehgewohnheiten und der Verwendung der üblichen Materialien für Skulpturen brach. Noch im selben Jahr kaufte er das erste Werk mit dem Namen Variaton pour deux points No 2. Genau wie das im selben Jahr dem KWM geschenkte Werk Stabilité totale P.K. No. 4 zählen diese frühen Arbeiten noch zu den stummen Metamatics, deren sich drehende Metallelemente in einer zweiten Periode durch Berühren mit feststehendem Metall summende, monotone Geräusche entwickelten. Ab 1959 wandte sich Tinguely den — einen Höllenlärm verursachenden — „Schrottapparaten“ zu. 1960 bei der Ausstellung „Maschinenbilder und Maschinen“ im Museum Haus Lange waren sie erstmals in Deutschland zu sehen. In den Ausstellungsräumen dröhnten die lärmenden Maschinen, und im Garten schleuderten Maschinen Wasser kreuz und quer.

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Die Pariser Galeristin Denise René kannte Tinguely ebenso wie seinen Freund Yves Klein oder Hans Arp, die anderen Künstler der Moderne. Für die Kunstszene im Rheinland war es deshalb eine Sensation, als René 1967 gemeinsam mit dem gebürtigen jungen Schwaben Hans Mayer am Ostwall Hausnummer 123 eine Galerie eröffnete. Ein Jahr später stellte dort in einer Einzelausstellung bereits Tinguely aus. Geworben wurde dafür mit einem zwei Meter langen Plakat, das die Konstruktionszeichnung des drei Meter hohen und elf Meter langen Maschinen-Kunstwerks Requiem pour une Feuille Morte zeigt. In den Räumen und im Innenhof waren aber nur die kleineren Werke, wie die Méta Matic zu sehen.