Kommunalwahl Sie fahren für die Demokratie
Krefeld · Parteien bieten an Wahltagen sogenannte Wahltaxis an, um in der Bewegung eingeschränkte Menschen zur Wahlurne zu bringen.
Der Tag der Wahl begann für Markus Spintig-Wehning schon am frühen Morgen. Um 7.50 Uhr wartete der erste Fahrgast. Eine Dame wollte ihre Stimme als eine der Ersten abgeben. Kein Problem für den 58-Jährigen. Die Termine für den Sonntag hatte er schon weit im Vorfeld verabredet. Aus dem Schlaf geklingelt wurde er also nicht. Man kennt sich seit Jahren. Da fiel die Hilfe besonders leicht für den Mann aus Stahldorf, der seit 27 Jahren das Parteibuch der SPD besitzt. Über die ehemalige Ratsfrau Gerda Schnell fand er 1993 den Weg in die Partei. Die Politik vor Ort hatte es ihm angetan. So waren die Sozialdemokraten für ihn „die erste Wahl“.
Immer, wenn das Votum der Bevölkerung gefragt war in den vergangenen zehn Jahren, chauffierte Spintig-Wehning die Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, im Wahltaxi zur Wahlurne, damit diese trotzdem ihre Kreuzchen machen konnten. Die Briefwahl ist nicht jedermanns Sache. Er aber nutzte diesmal diesen Weg, um am Wahltag für seine besondere Aufgabe bereit zu stehen.
Corona macht Absprachen
im Vorfeld nötig
Ehrenamtlich ist er unterwegs, die Kosten bekomme er nicht erstattet, sagt er. Doch der Fahrdienst hat für ihn einen ideellen Wert: „Ich mache es, um die Demokratie zu leben und zu fördern.“ Drei ihm bekannte Damen holte Spintig-Wehning am Vormittag also von Zuhause ab, brachte sie in die jeweiligen Wahllokale. Corona machte die Absprachen im Vorfeld nötig. Ansonsten wartet der 58-Jährige auch gerne auf die Anrufe aus der Parteizentrale. Dort laufen die Taxi-Bestellungen ein. „Es ist wie eine Art Nachbarschaftshilfe“, findet er. Doch gehe es dann im Auto gar nicht um die Politik, erzählt Spintig-Wehning überraschend. Das Thema würde sogar eher vermieden. Stattdessen würde lieber über das Neueste aus dem „Dorf“ geplaudert, Ärgernisse, blöde Ampelschaltungen, das Wohlergehen: „Wahlempfehlungen gebe ich nicht ab“, sagt er. Ebenso leiste er keine Überzeugungsarbeit im Auto. Seine Gäste, die ihn über die SPD herbeirufen, würden ohnehin in den meisten Fällen auch ihr Kreuz bei den Sozialdemokraten machen, vermutet er: „Ich weiß es aber nicht.“
Das Vertrauen in ihn ist groß. Einmal sogar brachte er eine blinde Frau bis in die Wahlkabine. Einen solchen Fall aber hatte er am Sonntag nicht. Zweimal fuhr er Damen am Sonntag zum Wahlbüro in die Hauptschule Hafelsstraße, einmal zur Grundschule Königshof. Gegen Mittag war sein Dienst schon wieder beendet. Es lief gut für ihn und seine Fahrgäste: „Alle drei Damen wünschten sich fünf weitere Jahre mit Frank Meyer als OB“, sagte er am Mittag. Es ging für ihn nach Hause. Ein spätsommerlicher Nachmittag mit Musik stand an. Sein Mann fungierte derweil noch als Leiter im Wahllokal.
Ratsfrau Stefanie Neukirchner
ist seit 21 Jahren im Einsatz
Andernorts war auch Stefanie Neukirchner (CDU) schon am Mittag mit ihrer Arbeit fertig. Diesmal allerdings nicht mit dem Wahltaxi, sondern zu Fuß. Eine Ausnahme. Johannes Greyn brachte sie im Rollstuhl von seinem Haus an der Drießendorfer Straße bis ins Wahllokal im Gemeindesaal Liebfrauen an der Hofstraße. 30 Minuten hin und zurück. Ein langes Warten vor dem Eingang blieb glücklicherweise aus. Weitere Anrufe gab es erst einmal nicht mehr für sie. Neukirchner, die in Hüls lebend im Mitte-Bezirk Friedrichsplatz antrat, nahm sich dann die Zeit, selbst wählen zu gehen. Seit 21 Jahren ist die CDU-Mitstreiterin und Ratsfrau schon an Wahltagen für die Partei im Auto unterwegs. „Ich kann gut mit Menschen, ob jünger oder älter“, sagt sie. Enorm wichtig sei der Dienst im Wahltaxi: „Für Leute, die nicht mehr so mobil sind, ist auch eine Briefwahl kompliziert“, sagt Neukirchner. Denn der Weg zum Briefkasten und zurück bleibt ja nicht erspart. Zudem stelle sie gerade bei älteren Menschen das besondere Bedürfnis fest, wählen gehen zu können: „Manche haben noch eine andere Zeit erlebt. Sie haben dann ein gutes Gefühl, gewählt zu haben. Für einige ist es wie ein Event.“
Manchmal gibt es einfach
ein bisschen Smalltalk
Auch sie habe die Erfahrung gemacht, dass im Auto gar nicht mehr oder kaum über Politik gesprochen werde. „Die Leute freuen sich, dass man da ist. Sie fragen, wie es einem geht. Manchmal spricht man auch übers Wetter, oder es gibt einfach ein bisschen Smalltalk“, sagt Neukirchner. Die 61-Jährige ist Hausfrau, nimmt sich die nötige Zeit, die für das häufige Klein-Klein in der Kommunalpolitik auch notwendig ist. „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, Leute, die ich aus dem Wahlkreis kenne, auch ins Wahlbüro zu fahren“, sagt sie. Und wenn es auch mal nur ein paar Wenige sind, die anrufen. Jede Stimme zählt. Nicht nur für die Partei, sondern auch für die Demokratie.