Weihnachtsessen in Krefeld Weihnachtsmenü: Drei Gänge von der Tanke

Heiligabend und der Kühlschrank ist leer? Kein Problem: Die WZ hat mit KWM-Koch Keld Matthiesen aus Zutaten von der Tankstelle ein Festessen gekocht.

Krefeld. Vielleicht hatten Sie ihn ja schon mal, diesen Alptraum: Sie werden nach einer anstrengenden Arbeitswoche wach. Es ist Samstag, wie schön, endlich mal ausschlafen, und auf dem Kalender steht der 24. Dezember. Ja, ist denn wirklich schon Weihnachten?! Der panische Blick in den Kühlschrank offenbart Schreckliches: gähnende Leere. Dabei hat sich für den Heiligen Abend doch die Verwandtschaft zum Festessen angekündigt. Aber einkaufen fürs Weihnachtsmenü? Vergessen! Der Blick wandert weiter zur Uhr, oh Schreck! Die Geschäfte haben gerade geschlossen, natürlich.

Vielleicht ist der schlechte Traum in Ihrer Küche aber auch gerade Wirklichkeit geworden? Na, dann erstmal guten Morgen — und: kein Grund zur Panik! Schließlich gibt es sie ja, die Tankstelle. Und der 24-Stunden-Laden hält selbst für Feinschmecker noch die ein oder andere geschmackliche Kostbarkeit bereit, aus der sich auch in letzter Minute noch ein Drei-Gänge-Festtagsmenü zaubern lässt. Lehnen Sie sich einfach zurück und lesen Sie selbst . . .

So viel vorweg: Die Ausbeute aus der Tanke des Vertrauens ist überschaubar. Eier, Milch, Butter und Aufschnitt finden sich in der Auslage, Weingummi und Schokoriegel so weit das Auge reicht, wie wäre es stattdessen mit Dosensuppe oder Tiefkühlpizza? Wirklich weihnachtlich ist das nicht. Dafür gibt’s im Kühlregal Bratwurst. Die nächste Enttäuschung lässt nicht lange auf sich warten — nach einer frischen grünen Beilage werden Sie, liebe Leser, wohl vergeblich suchen. Greifen Sie doch stattdessen zu Gewürzgurken aus dem Glas. Sie werden sie noch brauchen!

Keine Sorge, es gibt auch gute Nachrichten: Ziemlich festlich ist nämlich das Angebot an Spirituosen. Zwischen Sekt, verschiedenen Weiß- und Rotweinen, Bier, Weinbrand und Schnaps bleiben wohl kaum Wünsche offen. Eins ist gewiss: Begießen können Sie Ihr Weihnachtsessen später sicher gebührend.

Was nun anfangen mit diesen Zutaten, aus denen man sich — wenn überhaupt — wohl eher nach einem langen Arbeitstag lieblos etwas zusammengebrutzelt hätte? Aber doch nicht zu Weihnachten! Hilfe kommt vom Profi. Keld Matthiesen ist seit 30 Jahren Koch „aus Leidenschaft“, wie er betont, seit Sommer dieses Jahres Inhaber der nach ihm benannten Gastronomie im neu eröffneten Kaiser-Wilhelm-Museum. Was Frische und Qualität betrifft, sind die Gäste aus seiner Küche etwas anderes gewöhnt. Beim Blick auf die magere Ausbeute atmet Matthiesen einmal kurz durch. Dann lacht er und sagt: „Das finde ich lustig. Normalerweise kochen wir hier in Bioqualität. Als Koch muss man sich mit den Möglichkeiten, die man hat, etwas einfallen lassen.“

Das tut der gebürtige Däne und präsentiert ein Drei-Gänge-Weihnachtsmenü, das Sie sich auch beim Vorlesen ruhig mal auf der Zunge zergehen lassen dürfen. Zubereitungs-Zeit: 20 Minuten. Bleibt mehr Zeit zum Geschenke auspacken.

Als Vorspeise gibt es Hühnernudelsuppe — natürlich aus der Dose — mit pochiertem Landei. Klingt einfach. Ist es aber nicht! Oder pochieren Sie regelmäßig Eier? Für Keld Matthiesen sei das jedenfalls „früher in der Kochschule ein großer Schreck gewesen“. Der Tipp vom Profi, damit’s gelingt: „Das Ei in eine Tasse schlagen und anschließend langsam in 98 Grad heißes Wasser gießen.“ Das Wichtigste dabei: „Mut haben. Und mit viel Gefühl arbeiten — das ist beim Kochen immer wichtig“, betont Matthiesen. Amateure holen das pochierte Ei am besten mit einer Schaumkelle aus dem heißen Wasser, beim Profi tun es auch zwei Löffel. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden: „Das ist ein ganz gelungenes, pochiertes Ei“, lautet sein Urteil. Ein bisschen Eigenlob darf schließlich auch mal sein.

Weiter geht’s: Der Hauptgang trägt den vielversprechenden Titel „Bratwurst de luxe mit Edelsalami-Chips und Cornichons Brunoise in Sekt-Schaum“. Dafür müssen zuerst die dünngeschnittenen Salamischeiben in den Ofen, die Bratwurst angebraten und die Gewürzgurken zu kleinen Würfeln geschnibbelt werden. Für die Soße lässt der Koch etwa 100 Milliliter Sekt in einem Topf aufkochen und anschließend bei schwacher Hitze reduzieren. Butter kommt für den Geschmack dazu, zusammen verrührt er beides zu einer cremigen Soße. Noch die Gewürzgurkenwürfelchen — der Experte sagt dazu Cornichons Brunoise — dazugeben. Fertig. Empfehlung der Redaktion: Mit dem restlichen Sekt dürfen Sie, liebe Leser, ruhig auf diese gelungene Hauptspeise anstoßen.

Beim Dessert — frisch gerührtes Bourbon-Vanilleeis, verfeinert mit altem Weinbrand und Kirsch-Vanilletaschen — ist sündigen Pflicht. Dafür werden zuerst die tiefgefrorenen Kirsch-Vanilletaschen von der Tanke im Ofen aufgebacken. Psssssssst — Keld Matthiesen hat sie stattdessen lieber selbst gebacken. Das Vanilleeis aus der 800-Milliliter-Packung rührt er anschließend in einer großen Schüssel mit Weinbrand cremig. „Da können sie je nach Geschmack ruhig reichlich nehmen“, sagt er und gießt noch einen Schuss nach, „es ist ja schließlich Weihnachten!“

In diesem Sinne: Die WZ wünscht ein Frohes Fest und: Guten Appetit!