Energie: Kunden verzweifeln am hohen Ölpreis

Krefeld. Immer häufiger fahren die Händler zu Kunden, deren Tanks restlos leer sind.

Mit einem Seufzer unterschreibt Anne Crossey die Quittung, die ihr Uwe Müller unter die Nase hält. "Fast 800 Euro für 1000 Liter Öl, das ist Wahnsinn", sagt sie zum Tankwagenfahrer der Firma Schürmann.

Seit 19 Jahren wohnt Anne Crossey mit ihrem Mann Frank an der Hückelsmaystraße. Und seit dieser Zeit heizt das Ehepaar ihr Einfamilienhaus mit Öl. Jahrelang war es für Crosseys selbstverständlich, den 3000-Liter-Tank im Keller, bis oben hin vollzumachen.

Als jedoch diesmal Nachschub fällig war, entschied sich die Hausherrin, wegen des hohen Ölpreises nur die bei Schürmann kleinste Menge von 1000 Liter zu tanken.

"An Preise von 65 Cent je Liter und höher kann ich mich nicht erinnern", sagt die langjährige erste Solistin am Stadttheater. "Eigentlich müssten wir ein neues Haus bauen, mit Solar- und Erdwärme. Aber dafür sind wir wohl zu alt", sagt Anne Crossey und blickt auf ihren großen Garten. "Wegen dem wollen wir hier eigentlich auch nicht weg. Mehrere Nachbarn haben das aber schon getan. Die meisten Häuser hier heizen mit Öl", berichtet sie.

Uwe Müller verabschiedet sich: "Bis zum Sommer." Der Tankwagenfahrer weiß, dass die Ration allenfalls bis Juli oder August reicht. "Die meisten Kunden, zu denen ich bisher einmal im Jahr gefahren bin, sehe ich mittlerweile drei Mal in zwölf Monaten", sagt er und lenkt seinen Tankwagen zur Kuhleshütte.

Beim Autohaus Gemein liefert er 5000 Liter ab. Geschäftsführer Armin Gemein ist auf das Öl angewiesen, heizt vor allem seine Lackiererei. Er nimmt die hohen Preise mit Humor. "Ich habe gedacht, Sie wären ein Security-Mann, der einen Diamant-Transport bewacht", sagt Armin Gemein zum WZ-Reporter.

Zurück in der Firmenzentrale am Fütingsweg nimmt Inhaber Heinz Schürmann das Statistikbuch in die Hand, in dem er jeden Tag fein säuberlich den aktuellen Ölpreis einträgt. "Wir arbeiten mittlerweile täglich mit fünf verschiedenen Preisen", sagt der 63-Jährige. Und die Sprünge werden immer größer. "Sie betrugen zehn, allenfalls 20 Pfennig bei 100 Litern. Heute sind Sprünge von 1,50 Euro normal", berichtet der Öl-Experte, übrigens der letzte unabhängige Öllieferant in Krefeld. "Den niedrigsten Preis zu erwischen ist wie Lotto spielen", sagt er.

In den vergangenen vier Jahren war der Januar der günstigste Monat. Getankt habe aber kaum jemand, weil jeder den Wintermonat für einen teuren Monat hielte. Mittlerweile warten die Leute immer häufiger so lange, bis der letzte Tropfen verbraucht ist. "Alleine am Dienstag nach Ostern mussten wir 15 Mal sofort kommen, weil der Tank leer war und die Heizung nicht mehr lief", erzählt Schürmann. Den Spaß an seinem Beruf verliert er trotzdem nicht. "Ich werde mindestens bis 65 arbeiten", versichert er.