Chemieparks: Nur die Hälfte wird überleben

Die 40 Chemieparks in Europa kämpfen um ihren Erhalt. Die WZ sprach mit Dr. Dresely.

Krefeld. Die Politik macht es dem Chemiepark in Uerdingen derzeit nicht leicht. Das geplante Kohlekraftwerk ist nach derzeitiger Beschlusslage - gegen die Stimmen von CDU und Grünen - nicht zu verwirklichen. Und der Bau der Kohlenmonoxid-Pipeline von Dormagen nach Uerdingen geschieht mangels endgültiger Entscheidung derzeit quasi "auf eigene Gefahr".

"Von den derzeit rund 40 Chemieparks in Europa wird nur rund die Hälfte überleben", schätzt Dresely. Deshalb sei es so wichtig, weitere Partner zu finden, denen man attraktive Angebote machen müsse. Er vergleicht die Situation der Chemie mit der der Textilindustrie zu Beginn der Globalisierung: "Wir müssen uns neu erfinden und auf die Konkurrenz der asiatischen Märkte vorbereiten. Dafür brauchen wir aber die Akzeptanz von Politik und Bevölkerung sowie ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis", betont der Chemieparkleiter.

Der Standort habe durchaus Pfunde, mit denen man wuchern kann - zum Beispiel die Infrastruktur mit den Häfen, die Beliebtheit bei großen Firmen -, 21der 50 größten deutschen Unternehmen sitzen in NRW. Die Chemieparks böten Lösungen für die Anforderungen von schwerer und chemischer Industrie - wie Energie, Abfall, Abwasser. "Wir versprechen gute Rahmenbedingungen, aber die Politik fährt dazwischen", sagt Dresely mit Blick auf Kraftwerk und Pipeline, die in seinen Augen für die Produktionssicherung am Standort ungeheuer wichtig seien.

Denn neben den Vor- gibt es auch Nachteile: Uerdingen ist von den drei Bayer-Standorten der älteste und kleinste, hat die geringste Erweiterungmöglichkeit. Hier arbeiten auf 3,3 Quadratkilometern 7200 Mitarbeiter. In Dormagen sind es 9700 auf sechs, in Leverkusen 30000 auf vier Quadratkilometern.

Investitionen Die Investitionen am Standort Uerdingen sind von 65 Millionen im Jahr 2004 auf über 100 Millionen im vorigen Jahr gestiegen. Die Gewerbesteuer, die die Unternehmen des Chemieparks an die Stadt abführen, bewegen sich, so Chemieparkleiter Dr. Stefan Dresely, "im unteren einstelligen Millionenbereich".

Kaufkraft Bayer, so Dresely, ist der einzige große Arbeitgeber, der noch in der Region seinen Sitz hat und sich vor Ort engagiert. Legt man für die 7200 Beschäftigten im Krefelder Chemiepark einen Durchschnittsjahresverdienst von 50000 Euro zugrunde, zieht davon Abgaben ab, kommt man auf eine Kaufkraft von rund 230 Millionen Euro pro Jahr in der Region. Fast die Hälfte davon entfalle auf Krefelder, denn 46 Prozent der Beschäftigten kommen aus der Stadt (siehe Grafik).

Ausbildung 521 Auszubildende sind derzeit bei den Chemiepark-Firmen tätig - darunter auch eine Reihe junger Leute in Sonderprogrammen wie der Ausbildungsinitiative Rheinland oder dem Starthilfe-Programm. Hinzu kommen Schulprojekte und Praktika. Eine Besonderheit des Standortes Uerdingen ist die Eingliederungswerkstatt, in der zurzeit 15 Behinderte unter anderem in der Fahrradreparatur und in der Näherei arbeiten.

Sponsoring Auch in den Bereichen Sport und Kultur ist Bayer engagiert. Über 17000 Mitglieder in 15 Bayer-Vereinen werden jährlich mit 3,2 Millionen Euro unterstützt. An Sponsorengeldern flossen 2007 insgesamt 111000 Euro unter anderem für die Serenaden-Konzert auf Burg Linn oder naturwissenschaftliche Bücher für die Mediothek.

Gesamtfläche 3,3 Quadratkilometer, davon 0,24 Quadratkilometer freie Fläche

Mitarbeiter 7200

Partner 16

Logistik Ein- und Ausgang: Fünf Millionen Tonnen pro Jahr, davon 50 Prozent per Lkw, 35 per Schiff und 15 per Bahn

Netze Straße 25 Kilometer, Schienen 30 km, Energierohre 250 km, Produktleitungen 180 km

Energie Wasser: 350 000 Kubikmeter, Dampf: 12 000 Tonnen, Strom: 4,4 Millionen kWh (Durchschnittsverbrauch pro Tag)