Mehr Frisöre – weniger Köpfe

Handwerk: Die Zahl der Betriebe nimmt zu, die der Besuche ab: Viele Haar-Profis kämpfen ums Überleben.

Krefeld. Krefelder Köpfe müssten alle unwahrscheinlich gut frisiert sein. Genug Experten für die Haarpflege gibt es in der Stadt: Auf 1060 Einwohner kommt ein eingetragener Frisörbetrieb. "Betrachtet man die vergangenen zehn Jahre, liegt die Zunahme bei zehn Prozent", sagt Marc Peters von der Kreishandwerkerschaft Krefeld.

Eine Steigerungsrate, die mit anderen Kommunen zwar vergleichbar ist. Den Schnitt heben aber noch Dutzende Einzelkämpfer, die mit Schere, Kamm und Wicklern flexibel ins Haus kommen. Die brancheninterne Faustformel von einem Frisör auf 1000 Einwohner dürfte damit in Krefeld erfüllt sein.

Vor allem in der Innenstadt ist das Angebot explodiert. Neben den traditionellen Handwerksbetrieben lassen sich immer mehr Filialen großer Ketten nieder, die Hairstyling für kleines Geld anbieten. "Unter den Neugründungen sind die Zehn-Euro-Läden verstärkt vertreten", bestätigt Peters.

Eine Entwicklung, die klar dem Verhalten der Kundschaft entspricht: "Früher ging eine Frau einmal pro Woche zum Frisör: Waschen, Legen, Föhnen - der Klassiker. Heute wollen und können sich die Leute so häufige Frisörbesuche nicht mehr leisten." Viele jüngere Frauen etwa machten sich die Haare zuhause selbst. Die aktuellen Schnitte seien auch viel einfacher zu händeln.

Das geänderte Verhalten spiegele sich auch in der breiten Palette an Produkten rund ums Haar wieder, die man heutzutage in den Drogerien findet. Peters: "Und wer zum Frisör geht, nimmt nicht mehr die klassischen Dienstleistungen in Anspruch, sondern föhnt vielleicht selbst."

Nimmt die Zahl der Frisörbesuche insgesamt ab, die der Betriebe aber zu, bleibt die Frage: Wie können all’ diese Geschäfte überleben? Die Antwort darauf kann jeder Kunde beim Blick in die Schaufenster selbst geben: Durch Dumpingpreise wie Zehn-Euro-Haarschnitte, mit denen plakativ geworben wird.

"Diese Läden arbeiten mit vielen Praktikanten oder 400-Euro-Kräften, anders ist mit solchen Preisen kein Umsatz zu machen", sagt Axel Laumen, Obermeister der Krefelder Frisör-Innung. "In unserem Handwerk machen die Lohnkosten nun einmal fast die Hälfte an den Gesamtkosten aus. Mitarbeiter werden ausgebeutet, es wird herum getrickst bei Arbeitszeiten, Krankentage als Urlaub verrechnet", ärgert sich Obermeister Laumen, der seit Jahren Azubis in der überbetrieblichen Lehrwerkstatt ausbildet.

Die Gehälter angestellter Frisöre schwanken bundesweit extrem, Tarifverträge sind oft veraltet, die Schwarzarbeit boomt. Die Strukturprobleme in der Branche sind unübersehbar: "Wir haben zwar im Mai einen neuen Manteltarifvertrag ausgehandelt. Seitdem existieren verbindliche Regelungen etwa zur Höhe der Vergütung", sagt Peters. "Die Frage ist nur, ob sich alle Betriebe daran halten." Der Vertrag habe auch keinen Einfluss auf die Zulassungszahlen. "Ein Stück weit reguliert sich der Markt selbst. Es gibt ja durchaus Nachfrage nach Billigfrisören. Doch ich weiß auch von einigen alt eingesessenen Betrieben, die bereits schließen mussten aufgrund des stärker werdenden Konkurrenzdrucks."