Siemens: Angst vor der Abspaltung

Der Betriebsrat von Siemens in Uerdingen fürchtet, dass der Konzern die Bahnsparte weiterhin abstoßen will.

Foto: Siemens

Krefeld. Es war im Mai dieses Jahres, als Siemens-Chef Jo Kaeser die Mitarbeiter im ICE-Werk des Konzerns in Uerdingen schockte. Er sei bereit, die Bahnsparte an den französischen Konkurrenten Alstom abzustoßen, ließ er damals verlauten. Im Gegenzug wolle er die Energietechnik des Rivalen übernehmen. Das Geschäft platzte, aber die Sorgen der Belegschaft sind geblieben.

„Herr Kaeser hat bis heute nichts von der Ankündigung zurückgenommen, sich von der Bahnsparte trennen zu wollen“, sagt Heinz Spörk, Vorsitzender des Betriebsrates am Standort Uerdingen, wo Siemens rund 2600 Mitarbeiter beschäftigt. „Die Befürchtung, den Konzern verlassen zu müssen, ist nach wie vor da. Wir schaffen das Margenziel noch nicht.“

Der Münchner Konzern hat in der Vergangenheit im Bahngeschäft Verluste eingefahren. Kaeser will nicht nur in die Gewinnzone, sondern strebt eine Rendite von acht Prozent an. Spörk hält solche Vorgaben beim Bau von Schienenfahrzeugen nicht für realistisch. „Renditen von acht Prozent schaffen zur Zeit weder wir noch unsere Konkurrenten.“

Der Betriebsrat fordert eine Deutschlandstrategie, die auch die Bahnsparte sichert. „Aber dazu kommt nichts vom Vorstand.“ Die Verunsicherung in der Belegschaft sei deshalb sehr groß.

Dabei steht der Standort Uerdingen glänzend da. Beim Bau von Schienenfahrzeugen gilt das Werk an der Duisburger Straße als das modernste der Welt. Die Auftragsbücher sind so gut gefüllt wie nie. Bis zum Jahr 2023 reichen die Bestellungen. „Aber die Bereitschaft, das Bahngeschäft aus eigener Kraft profitabel zu machen, können wir bei Herrn Kaeser nicht erkennen“, ärgert sich Spörk.

Vorschläge, um die Abläufe im Konzern zu verbessern, werden von Spörk gerade gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat und dem Siemens-IG-Metall-Team erarbeitet. Der Slogan „Mensch vor Marge“ müsse dabei im Vordergrund stehen.

Wie leistungsstark das Krefelder Werk ist, hat Siemens jüngst auf der Fachmesse Innotrans in Berlin demonstriert. Dort wurden die ersten Züge vom Typ Desiro für die Thameslink-Linie durch London vorgestellt. Siemens hat den Auftrag zum Bau von 1140 Regionalzügen erhalten. Volumen: 1,8 Milliarden Euro. Einen größeren Auftrag aus Großbritannien gab’s für Siemens noch nie. Ab 2016 sollen die Wagen rollen.