WZ-Interview zum Abschied des Polizeipräsidenten Dieter Friedrich: "Manche Nacht blieb schlaflos"
WZ-Interview: Dieter Friedrich geht nach 14 Jahren als Polizeipräsident in den Ruhestand.
Krefeld. 14 Jahre in Krefeld haben Dieter Friedrich mit dieser Stadt verbunden. Auch wenn er hier nicht wohnt: Der Polizeipräsident, seit vielen Jahren Doctor humoris causa, hat etliche Freundschaften in dieser Stadt gewonnen, die er im anstehenden Ruhestand weiter pflegen will. Über die zurückliegenden und die bevorstehenden Jahre sprach die WZ mit ihm.
Herr Friedrich, Sie sind Lipper. Man sagt den Menschen dort eine gewisse Sparsamkeit nach. Braucht man die an der Spitze eines Polizeipräsidiums in Krefeld?
Dieter Friedrich: Eine solche Veranlagung hat in Krefeld jedenfalls nicht schaden können. Wobei mein Vorgänger mit den knappen Mitteln noch sparsamer umgegangen ist als ich. Aber ich bin ihm dafür andererseits sehr dankbar, weil er mir damit Gelegenheit gelassen hat, einige Zeichen zu setzen. Ich denke etwa an unser Dienstgebäude am Nordwall. Nach 40 Jahren ist am Ende des Ostwalls was passiert, während die Krefelder über die Umgestaltung des übrigen Ostwalls munter diskutieren.
Was waren für Sie besonders einschneidende Einsätze?
Friedrich: In ganz besonderer Weise wird für mich die Mordkommission Demir im Jahr 1997 in Erinnerung bleiben. Dieses Ereignis ist in erster Linie von seiner menschlichen Dimension her - ein Brandanschlag eines Vaters gegen den Rest der Familie - so herausragend.
Zum anderen ist es die politische Dimension des Falles, denn wir sind mit diesem Fall ja in der Weltpresse gewesen. Aus meiner Sicht war es auch eine kriminalpolizeiliche Meisterleistung, wie unter diesem politischen und Mediendruck innerhalb von fünf Tagen so akribisch gearbeitet wurde.
Dann hat es einen ganz komplizierten Fall gegeben: Den von Samantha auf der Philadelphiastraße
(Anmerkung der Redaktion: Ein neun Monate altes Mädchen lag eine Woche neben der Leiche der Mutter, zurückgelassen vom eigenen Vater).
Wir haben im Zusammenhang mit diesem Fall mehrere Polizeieinsätze gehabt, in denen sich die Mitarbeiter polizeirechtlich absolut korrekt verhalten und es vermieden haben, sich von Personen für deren eigenartige Zwecke instrumentalisieren zu lassen.
Vom menschlichen Schicksal dieses Kindes her wäre es eigentlich wünschenswert gewesen, wenn die Beamten rechtswidrig gehandelt hätten und ohne Ermächtigungsgrund in diese Wohnung eingedrungen wären. Was wir alle damals und in der Zeit danach gefühlt haben, wird vielleicht daran deutlich, dass unser Kriminalkommissariat 11 bis heute mit dem Weißen Ring Kontakt zu dem Kind und den Pflegeeltern hält.
Gibt es etwas aus Ihrer Dienstzeit, das sie besonders in Erinnerung behalten werden?
Friedrich: Es hat schon Ereignisse gegeben, die mir die ein oder andere schlaflose Nacht bereitet haben. So bedauere ich es sehr, dass es bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist, den Diebstahl von 40000 Euro sichergestellten Geldes in unserem Haus zu klären. Der Rechtsstaat zeigt, dass es nicht reicht, einen Verdacht zu haben, der Rechtsstaat fordert, dass man Beweise hat.
Da sind aber auch die immer wiederkehrenden Diskussionen um die Selbständigkeit des Polizeipräsidiums Krefeld gewesen. Die gibt es seit 1976. Mit der Landtagswahl 2005 hat die Diskussion um den Fortbestand dieser Behörde kein Ende gefunden.
Inzwischen ist die eindeutige Erklärung im Raum: In dieser Legislaturperiode wird es keine weiteren Organisationsdiskussionen geben. Das gilt auch für das Polizeipräsidium Krefeld, und das ist deutlich geworden durch die Entscheidung der Landesregierung, die Stelle des Polizeipräsidenten umgehend neu zu besetzen.
Ist das ein Zeichen auch über diese Legislaturperiode hinaus?
Friedrich: Es ist in jedem Fall ein gutes Zeichen, denn es ging ja schon das Gerücht durch das Land: Überall dort, wo ein Polizeipräsident in den Ruhestand geht, wird die Behörde aufgelöst. Dieses Gerücht hat ein Ende gefunden. Allerdings: Fragen Sie mich nicht nach der Halbwertszeit politischer Entscheidungen.
Was sollen Ihre Mitarbeiter später einmal über Dieter Friedrich sagen?
Friedrich: Er hat sich immer redlich Mühe gegeben, niemandem Unrecht zu tun - nach innen wie nach außen.
Gibt es etwas, was Sie im Ruhestand vermissen werden?
Friedrich: Die Kameradschaft und den Gemeinschaftssinn bei der Polizei. Früher hat man nach schwierigen Einsatzsituationen noch zusammengesessen. Heute ziehen die jungen Kollegen danach die Uniform aus und ihre Zivilkleidung an. Der Gemeinschaftssinn ist im Einsatz aber auch heute noch ungebrochen.
Was haben Sie sich für die nächste Zeit vorgenommen?
Friedrich: Zunächst einmal muss ich meine Gesundheit wiederherstellen. Mein Körper meint, so kurz vor dem Ruhestand nicht mehr richtig mitspielen zu wollen. Ich habe vor, viel Sport zu treiben, Fahrrad zu fahren und zu wandern. Mit meiner Frau werde ich versuchen, viel zu reisen. Und zwei meiner Enkel fragen schon, wann ich zu ihren Hockey- und Fußballspielen komme.
Was wünschen Sie ihrem Nachfolger Rainer Furth?
Friedrich: 1. Dass die Behörde den Gemeinschaftssinn bewahrt. 2. Dass die Behörde jung bleibt. Sie ist derzeit so gut aufgestellt, dass uns die Demographie-Probleme später als Nachbarbehörden einholen werden. 3. Mein Nachfolger sollte nicht regelmäßig von Neuorganisations-Diskussionen eingeholt werden.
4. Die Zusammenarbeit in Krefeld soll so vital bleiben, wie sie in meinen 14 Jahren war: Etwa die außergewöhnlich gute Kooperation mit Feuerwehr und Rettungsdienst, aber beispielsweise auch mit der Gesellschaft Bürger und Polizei und dem Kriminalpräventiven Rat. Das ist in Krefeld wirklich vorbildlich.