Zivilcourage bei Facebook
Melden, Strafanzeige stellen. Verantwortung übernehmen, wo Facebook und das Gesetz versagen. Jeder Nutzer ist in der Pflicht, meint Michael Passon, Leiter der WZ Krefeld
Wer Facebook nutzt, ist weitgehend seines Glückes Schmied. Selbst im Netz kann ich mir aussuchen, mit wem ich in welcher Gruppe oder auf welcher Seite kommunizieren möchte. Ich kann mein Profil auf meine Bedürfnisse einstellen, Bilder aus meinem Schlafzimmer posten oder nicht mal die Grashalme von der Wiese nebenan. Heißt: Ich bin selbst verantwortlich für mein digitales Leben. Soweit die Perspektive von Facebook, soweit richtig. Aber: Wer Hatespeech, Hetze und Drohungen nicht meldet, macht sich mitschuldig. Zivilcourage, der vielzitierte Hintern in der Hose: Facebook ist kein rechtsfreier Raum.
Es gibt viel zu wenige User wie Katrin Meyer-Eberhard. Die Krefelderin hatte einen Nutzer gemeldet, der Juden die Gaskammer zurückgewünscht hatte. Gerade Facebook macht sich gern einen schlanken Fuß und lässt Rechts- wie Linksextreme oder einfach Idioten gewähren. Kaum zu glauben, was alles nicht gegen die „Richtlinien“ verstößt. Tote Kinder, Tierquälereien, offene Drohungen. Oft passiert exakt nichts und das ist auch der Grund, warum viele User Hatespeech lieber ignorieren.
Das ist falsch: Denn was bei Facebook passiert, bleibt nicht bei Facebook. Vor grad einem halben Jahre ist Bocholts SPD-Chef Thomas Purwin aus Angst um seine Familie nach massiven Bedrohungen zurückgetreten. Ein Beispiel von tausenden. Hier werden Wahlen beeinflusst, Menschen gelenkt. Es macht keinen Unterschied, ob wir eine strafrechtlich relevante Situation in der Bäckerei um die Ecke oder bei Facebook, Twitter oder Youtube aufgreifen. Und falls nötig, Strafanzeige stellen.
Das neue Hatespeechgesetz ist höchstens dafür geeignet, solche Beiträge kurzfristig löschen zu lassen. Ob das funktioniert, bleibt abzuwarten. Sanktionen be- inhaltet es nicht. Jeder Einzelne ist aufgefordert, seinen Teil beizutragen.