Auszeit im Bahnhofscafé
Eine Stunde im Café Nixe: Dort treffen sich Familien, Stammgäste und Kinder zwischen Waffeln und vegetarischen Suppen.
Erkrath. Auf dem Pflaster an der Bahnstraße prasselt ein Schauer, Leute mit Regenschirmen huschen durch die Szene. Wer durch die hohen, weiß verstrebten Fenster des alten Bahnhofs aus dem Café Nixe hinaus schaut, betrachtet den Vorplatz vom Trockenen aus.
An ein Haus am Meer mag denken, wer auf den hellen Buchenholzbänken Platz nimmt. Bilder von auf Bücherstapeln kauernden Meeresfrauen hängen an den Wänden, weiß und blau dominieren. Zwischen Waffeln und vegetarischen Suppen fällt die Wahl auf ein „süßes“ Frühstück.
Ruck-zuck holt die Bedienung in Turnschuhen eine Platte in Form einer Seescholle aus der Küche hinter der Bullaugentür: Brötchen, Honig, ein butterig riechendes Croissant. Der Gast muss blinzeln: steht da „Meerfrucht“ auf dem Schälchen mit Brombeer-Himbeer-Marmelade?
Strand und Urlaub hatte sich Inhaberin Katja Bander vor zwei Jahren in den denkmalgeschützten Bau geholt: „Während der Bauarbeiten konnte ich nicht in Urlaub“, hatte sie damals der WZ gesagt.
Das Café ist ein Ort für eine Auszeit. Ein Schlonz mit Kappe und weitem Pullover schlurft zu seinem Stammplatz am Fenster zum Cafégarten. Ein Ehepaar teilt sich ein belegtes Brötchen, ein grauhaariger Mann im Anorak hat sich nur halb auf seinen Stuhl gesetzt. Den schwarzen Kaffee will er sofort zahlen: „Macht 1,90.“ Bei jedem Schluck kaut der Gast.
„Haben Sie auch Tageszeitungen?“, fragt ein Gast an der Theke. Hat man. Um die Ecke hängt eine Auswahl an der Wand. Wem Nachrichten über leere Freibäder und die Urlaubspläne der Düsseldorfer zu langweilig werden, kann in der Speisekarte etwas über die Geschichte der ältesten Bahnstrecke Westdeutschlands nachlesen, Fotos vom Bahnhof anschauen, als die Straße noch direkt vor dem Gebäude eine Schleife bildete.
Im dunkel getäfelten Wartesaal mit der Bilder-Ausstellung „Normandie 2011“ von Nicole Schwerdtfeger versammelt sich eine Familie, ein Mann im Anzug zieht die Flügeltüren hinter sich zu.
Im Buchladen weiter durch im Hauptgebäude, zwischen Kinderbüchern und Postkarten, bestellt eine Angestellte telefonisch beim Verlag: „Im Titel ist irgendwas mit ‘for girls’. Wir hatten das schon mal.“ Kurz darauf Erleichterung: Das Buch ist gefunden.
An der Kuchentheke stehen Babygläschen bereit, ein Schachspiel liegt aus. Über dem Brummen der Kühlmaschine und dem Klirren von Geschirr schallen Kinderlachen und ein Quieken aus dem Nachbarraum herüber: Sechs Mütter quatschen über Kinderärzte und Familie. Nuckelbecher für die Kinder stehen bereit. Ein Junge krabbelt unter den Tischen entlang, die Mutter steht bereit, die Expedition abzukürzen, falls sie zu nahe an die Tür führen sollte.
Nach einer Stunde geht es zurück ins nass geregnete Erkrath. Nur schnell noch zahlen — gleich fährt der Zug.