„Da wird eine staatliche Aufgabe auf das Ehrenamt abgewälzt“
Wolfgang Cüppers ist derzeit fast rund um die Uhr ehrenamtlich für das Rote Kreuz in den Flüchtlingsunterkünften im Einsatz.
Sie sind ehrenamtlich für das Deutsche Rote Kreuz (DRK) tätig und waren rund um die Uhr im Einsatz, als innerhalb von Tagen jeweils 150 Flüchtlinge im Bürgerhaus und in der ehemaligen Hauptschule Freiheitstraße untergebracht werden mussten. Hat sich die Lage mittlerweile wieder etwas entspannt oder sind Sie seither quasi im Dauereinsatz?
Wolfgang Cüppers: Entspannt hat sich die Lage keineswegs. In den Notunterkünften herrscht ein ständiger Wechsel, so dass immer wieder neue Flüchtlinge aufgenommen werden müssen. Es ist schon vorgekommen, dass ein Busfahrer die Menschen nachts um halb zwei abgesetzt hat mit der Ankündigung, dass er gleich die nächsten bringt.
Viele Helfer sind ehrenamtlich aktiv und nebenher noch im Job gefordert. Gerät man da nicht an Grenzen dessen, was im Ehrenamt zu bewältigen ist?
Cüppers: Um ehrlich zu sein, muss man sagen, dass es eigentlich kaum noch zu bewältigen ist. Wir werden alarmiert, bauen die Zelte auf, alles ist fertig — und die Leute kommen nicht. Dann wartet man das ganze Wochenende, immer wieder werden neue Ankunftszeiten genannt und verstreichen.
Irgendwann kommen die Leute dann, manchmal vollkommen unangemeldet. Das ist für Ehrenamtler, die ja auch noch einen Job zu bewältigen haben, kaum noch zu leisten.
Haben Sie überhaupt noch Freizeit?
Cüppers: Kaum. Normalerweise sind etwa zehn Alarmierungen im Jahr üblich, momentan kommen wir auf etwa sechs in jedem Monat. Dazu kommt, dass man sich übers Wochenende privat nichts vornimmt, wenn Flüchtlinge angekündigt sind, die dann erst Tage später kommen. Irgendwann leidet auch das Familienleben.
Ohne das ehrenamtliche Engagement wäre die momentane Flüchtlingskrise vermutlich nicht zu bewältigen. Überkommt einen nicht trotz aller Hilfsbereitschaft das Gefühl, von der großen Politik zuweilen „vor den Karren“ gespannt zu werden?
Cüppers: Das kann ich eigentlich nur mit „ja“ beantworten. Der Staat würde ohne die Hilfsorganisationen und die dort aktiven Ehrenamtler in der Flüchtlingskrise kläglich versagen. Da wird eine staatliche Aufgabe auf das Ehrenamt abgewälzt. So kann es nicht weitergehen.
Können Sie aus persönlichen Gründen einen Einsatz eigentlich auch ablehnen?
Cüppers: Jeder Ehrenamtler hat die Möglichkeit, eine Alarmierung mit „ich kann nicht“ zu beantworten. Ich persönlich bin beispielsweise derzeit krankheitsbedingt allein im Büro und daher aus beruflichen Gründen unabkömmlich. Grundsätzlich kann jeder selbst entscheiden, für wie belastbar er sich hält.