Das Neandertal wird zum Tatort

Krimiautor Oliver Buslau schreibt seit vielen Jahren Heimatkrimis. Seine Geschichten führen die Leser auch in das Neandertal.

Foto: Schümmelfeder

Kreis Mettmann. Die Stimme der Frau war so sanft wie der Sahneklacks auf einer bergischen Waffel. Das war er: der erste Satz, im ersten Rott-Krimi. Geschrieben in einem Salzburger Hotelzimmer. Dort ging es fortan munter weiter mit der Schreibarbeit, jeden Tag. Pünktlich um vier Uhr legte Oliver Buslau den Stift zur Seite. Vor der Türe warteten da schon die Hotelgäste, die endlich wissen wollten, wie es denn nun weitergeht mit dem „bergischen Marlowe“.

Remigius Rott — so hat Buslau seinen Protagonisten einst getauft. Im besagten Erstlingswerk war der noch in der Wuppertaler Stadthalle unterwegs. Mit der Schlagsahne auf den Waffeln dürfte es allerdings ziemlich bald vorbei gewesen sein. Denn wenn überhaupt noch irgendwo von einem Klacks die Rede gewesen sein sollte, dann wird das wohl eher Blut gewesen sein. Und was in Wuppertal begann, führte den Autor der Heimatkrimis zwischenzeitlich auch durchs Neandertal bis nach Mettmann und Wülfrath.

Dort — auf der Straße, die beide Städte verbindet — hütete Remigius Rott das Haus eines Freundes. Und dieses Haus gibt es tatsächlich. Denn dass Buslau etwas schreibt, was es überhaupt nicht gibt, das geht gar nicht. „Da schreiben mir Leute dann auch schon mal Leserbriefe, weil etwas nicht so sein kann, wie ich es beschrieben habe“, erzählt der Krimiautor, der sich in der Gegend bestens auskennt.

Um ihm das Geheimnis eines guten Heimatkrimis zu entlocken, haben wir Oliver Buslau zuhause besucht. In Bergisch Gladbach, in seinem romantischen Domizil, mit Giebeldächern und abgerundeten Häuserwänden. Dort sitzt er bei Sonnenschein auf der Terrasse, um seinen Rott mal wieder auf Tour durchs Bergische Land zu schicken.

Der letzte Mord? Geschah an der Autobahnraststätte Remscheid. „Dieser Schauplatz hat eine ganz besondere Atmosphäre.

Oliver Buslau, Autor

Wenn dort ein Mord passiert, gibt es viele Fluchtmöglichkeiten“, verrät der Autor, worauf es ihm bei der Krimihandlung ankommt. „Orte haben Potenzial“, sagt er dann auch noch. Bei manchen sei das zerstörerisch, bei anderen rettend. Als bekennender Eichendorff-Fan teilt er dessen romantisches Faible für Landschaften. Nur eben mit dem Unterschied, dass es beim Lyriker Eichendorff auch romantisch weiterging, während es bei Oliver Buslau eigentlich immer mit Mord und Totschlag endet. Man glaubt es kaum — schließlich ist Buslau dazu noch Musikredakteur und ein begnadeter Klavierspieler. Und während er so auf seinem Klavier die Finger virtuos zu Beethoven bewegt, erzählt er ebenso heiter von seinem „Neandermord“. So lautet der Titel seines sechsten Rott-Krimis, für den der Autor durchs Neanderland gewandert ist. Mit Zwischenstopp in Gruiten, wo er mitten in der Nacht auf einer Bank saß. Was sich dort vor dem inneren Auge abspielte, dichtete er später seinem Ermittler Remigius Rott an. Und wie schon gesagt: Ohne den Sinn für Details geht da gar nichts. Wie soll eine Flucht ins Dunkel gelingen, wenn die Straße auch nachts von Straßenlaternen hell erleuchtet wird? Tauchen solche Fragen auf, fährt Buslau selbst noch mal zum Ort des Geschehens. Oder er ruft jemanden an, der ihm weiterhelfen kann. Im Neandertal war das jemand, der einst dort im Museum gearbeitet hatte und mit Expertenwissen aushelfen konnte. Ist die Sache klar, schreibt der Krimiautor die nächste Szene. Etwa hundert solcher Szenen-Seiten werden es am Ende sein — und dann beginnt die eigentliche Schreibarbeit. „Ich schreibe jeden Tag fünf Seiten. Mal sind es mehr, mal weniger, aber ich bestrafe oder belohne mich nicht“, sagt er. Wann das letzte Kapitel geschrieben sein muss, sagt der Verlag.

Sein erstes Manuskript hatte er mit ein paar lapidaren Sätzen versehen an den Verlag geschickt. Es dauerte keine drei Tage, bis man ihn anrief. Denn eines wissen auch Lektoren: Heimatliteratur liegt im Trend. Wer sonst mit der Belletristik fremdelt, greift beim Krimi mit Lokalkolorit schon eher zu. Und deshalb wird auch Oliver Buslau seinen Remigius Rott weiter auf Ermittlungstour durchs Bergische Land reisen lassen, jetzt mal in die Wahner Heide. Es ist sein zehnter Fall sein, der im Herbst erscheinen soll.