Ein Vollrausch ist uncool
Karneval ohne Schattenseiten: Mini-Messe informierte Jugendliche über cleveren Umgang mit Alkohol.
Erkrath. Das ausgelassene Feiern im Straßenkarneval hat auch seine Schattenseiten. Jedes Jahr trinken Jugendliche mehr als sie vertragen. Im schlimmsten Fall endet der Exzess mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Und das ist dann gar nicht mehr cool, „wenn der betroffene Jugendliche dann mit Windel im Krankenhausbett liegt“, sagt Klaus Fitzner von der Polizei.
Aus diesem Grund veranstalten seit einigen Jahren kurz vor Karneval der Arbeitskreis der Lehrer für Suchtvorbeugung, die Suchthilfe BIZ, die Jugendschutzbeauftragte der Stadt Erkrath, Andrea Lademann-Kolk, und eine Mitarbeiterin des Jugendtreffs eine Mini-Messe zum cleveren Umgang mit Alkohol. 18 achte Klassen der weiterführenden Schulen in Erkrath und Haan kamen dazu ins evangelische Gemeindezentrum in der Sandheide, um sich über die Wirkung von Alkohol und dessen Folgen zu informieren.
Klaus Fitzner, Polizei
Schüler in diesem Alter dürften laut Gesetz noch gar keinen Alkohol trinken. Doch aus Erfahrung wissen nicht nur die Fachleute, dass die Realität ganz anders aussieht. Andrea Lademann-Kolk, die im Karneval auf der Straße selbst nach dem Rechten sieht, trifft dort auch immer wieder junge Mädchen an, die gar nicht wissen, was sie da getrunken haben. „Da wird eine Flasche Wodka gekauft und mit Cola oder Orangensaft gemischt“, sagt sie. Wie viel Alkohol in diesem Gemisch steckt, wissen die Jugendlichen oft gar nicht.
Seitdem die einst berüchtigten Alcopops hoch besteuert werden, greifen die Jugendlichen lieber zur Eigenmixtur. „Das ist deutlich billiger“, sagt Klaus Fitzner. Und die Beschaffung der hochprozentigen Getränke ist trotz Gesetz anscheinend für Jugendliche unter 18 Jahren immer noch kein Problem. Dies hätten Testkäufe in Hilden in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, sagt Fitzner. In 50 Prozent der getesteten Verkaufsstellen hätten sich die Verkäufer keinen Ausweis zeigen lassen. Ein Versäumnis das für den Verkäufer mit 200 Euro zu Buche schlägt, wie Fitzner erläutert.
Aber auch, wenn die Verkäufer strikt auf das Alter achten, kennen die Jugendlichen andere Möglichkeiten, sich Wodka und Co zu beschaffen. „Dann werden ältere Jugendliche losgeschickt“, sagt Fitzner.
Schlussendlich jedoch, so Andreas Lademann-Kolk, seien die Jugendlichen selbst verantwortlich dafür, wie viel sie trinken. Um ihnen das vor Augen zu führen hatten die Veranstalter auch einen trockenen Alkoholiker eingeladen. Gerhard Werner Raddatz aus Haan ist seit 25 Jahren trocken. Doch davor war er aufgrund seines Alkoholkonsums komplett abgestürzt. „Ich habe in einer Toilette an der Brehmstraße in Düsseldorf gehaust. Neben meinem Schlafsack hatte ich einen Hundenapf stehen, aus dem ich schon am Morgen meinen Alkohol getrunken habe“, schildert er ungeschönt sein Leben auf der Straße.
Wem all die Worte und Filme dann immer noch zu theoretisch waren, konnte dann auf einem Parcours testen, wie es ist, mit 0,8 oder 1,3 Promille Alkohol im Blut geradeaus zu gehen. Zu diesem Zweck bekamen die Schüler Brillen, die den alkoholisierten Zustand simulieren. Für die Schüler zunächst eine spaßige Angelegenheit, doch der unsichere Gang und die fehlende Orientierung machten dann doch manchen ein wenig nachdenklich.