Alle werden diesen Chef vermissen
Heute geht Reinhard Gatzke in den Ruhestand — der Beigeordnete, den die meisten Hildener wohl persönlich kennen.
Hilden. Schule, Soziales, Sport, Jugend und Kultur — das sind die Bereiche, für die der Beigeordnete Reinhard Gatzke in den vergangenen 23 Jahren zuständig war. Bereiche, in denen sich die Vorzeichen seit 1993 stark verändert haben: Verkürztes Abitur, Ganztag, U-3-Betreuung mögen ein paar Stichworte sein. Kunstrasenplätze, Jugendparlament und der Aufbau der Beziehungen zu den Künstlern der Partnerstädte sind weitere. Alle diese Veränderungen und Entwicklungen hat Gatzke, da sind sich alle Beobachter einig, nicht nur begleitet, sondern vorangebracht.
Dafür wird dem 66-Jährigen, der nun, nach drei Amtszeiten, in den Ruhestand geht, heute bei einem Stadtempfang gedankt. Denn der Dank wird sicher im Mittelpunkt der Abschiedsreden stehen. „Er hat viel für Kinder, Jugendliche und Familien in Hilden bewegt“, sagt etwa Noosha Aubel, als Jugendamtsleiterin eine „seiner“ Frauen. Gatzke war schließlich Hahn im Korb. Alle Amtsleitungen seines Dezernats sind mit Frauen besetzt. Was sich wieder dadurch ausgleicht, dass sein Chef Bürgermeisterin Birgit Alkenings war — zumindest in den vergangenen beiden Jahren. „Er wird ein sehr großes Loch hinterlassen“, ist sie sicher. „Ich kenne ihn seit 1994 und kann mir Hilden ohne ihn noch nicht vorstellen.“ Was aus seinem Dezernat kam, so ist zu hören, sei immer fertig gewesen. „Gatzke verstand es, alle Beteiligten frühzeitig einzubinden“, sagt Alkenings, „es gab nie Geschrei, alles ging im Konsens über die Bühne.“ Sie sieht harte Monate auf die Verwaltung und sich selbst zukommen: Gatzkes Bereiche werden bis Jahresende von Alkenings und dem Ersten Beigeordneten Norbert Danscheidt verwaltet, bis ein Nachfolger im Amt sein wird.
Welchen Wandel die Verwaltung hinter sich hat, wird deutlich bei einem Blick auf Gatzkes Anfangsjahr 1993. Damals hatte Hilden eine Bürgermeisterin mit rein repräsentativer Funktion sowie einen Stadtdirektor ohne Dezernat und fünf Beigeordnete. 24 Amtsleiter regelten die Geschäfte, die heute vergleichsweise einfach klingen — Kitaplatzgarantie und Ganztag waren noch nicht erfunden. Heute sind es 13 Amtsleiter, und die Bürgermeisterin ist zugleich Chefin einer Verwaltung, die immer mehr Probleme damit hat, offene Stellen zu besetzen oder Lehrlinge zu finden: In den nächsten fünf Jahren erreichen 70 Mitarbeiter die Altersgrenze.
„Ich konnte von meinem Chef sehr viel lernen“, sagt Marie-Thérèse Barbezat-Rosdeck, Leiterin Amt für Soziales und Integration. „Seine lösungsorientierte Herangehensweise und sein Talent, andere für seine Ideen und Projekte zu begeistern, haben mir imponiert.“ Ihr Amt muss angesichts der Aufgabe, die Asylsuchenden zu integrieren, auch besonders gut aufgestellt und organisiert sein: Jeder bekommt mit, wenn in ihrem Bereich etwas nicht funktioniert. Apropos mitbekommen. Es dürfte kaum einen Hildener geben, der „seinen“ Beigeordneten nicht persönlich kennt. Bei Info-Veranstaltungen, Schulrundgängen, Ausstellungseröffnungen und auf dem Sportplatz war er immer wieder anzutreffen. Er spielt Fußball und ist ein großer HSV-Fan. Seine Bekanntheit brachte ihn auch als Bürgermeister-Kandidaten 2014 ins Gespräch — was er zwar schmeichelhaft fand, aber dennoch schnell kategorisch ausschloss. „Die Stärke unseres ,Wassermann-Chefs’ war es, unser Team für eine erfolgreiche Hildener Kulturarbeit zu motivieren und dabei stets neue und innovative Wege zu gehen“, beschreibt ihn Kulturamtsleiterin Monika Doerr.
„Reinhard Gatzke war ein gerechter, oft auch sehr fordernder Chef“, sagt seine Büroleiterin Renate Nehren. „Ich wünsche ihm alles alles Gute!“ Alle aus seinem beruflichen Umfeld sind sich sicher, dass sie ihn vermissen werden.