Die Haaner Bürgermeisterin Bettina Warnecke blickt auf das Jahr 2021 zurück „Wir können uns aufeinander verlassen“

Interview | Haan · Die Bürgermeisterin nimmt aus dem Corona- und Flutjahr 2021 auch viel Positives mit. Vor allem die Hilfsbereitschaft hat sie beeindruckt.

Bürgermeisterin Bettina Warnecke blickt zurück auf 2021.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Die Fragen stellte Peter Clement

Frau Dr. Warnecke, das zweite Corona-Jahr in Folge mit Auswirkungen auf Handel, Institutionen und Vereinsleben – allein das hätte 2021 schon schwierig gemacht. Dann kam noch die Flut dazu. Wie froh sind Sie, dass das Jahr jetzt dem Ende entgegen geht?

Bettina Warnecke: Ich bin froh, dass wir alle jetzt ein bisschen Zeit zum Durchatmen haben. Das Jahr 2021 hatte es in sich und war in weiten Teilen von der Corona Pandemie geprägt. Im Unterschied zu 2020 kam der heiß ersehnte Impfstoff zu Beginn des Jahres auf den Markt und ermöglichte uns mehr Freiheiten. Trotzdem fielen viele Feste aus – wieder gab es keinen Karnevalsumzug, keine Kirmes, keinen Haaner Sommer, kein Weinfest, kein Fest zum 100. Stadtjubiläum. Und als wir dann nach dem Abflachen der dritten Welle der Pandemie vorsichtig auf entspannte Sommerferien hofften, stellte uns das Stark-Regen-Ereignis am 14. Juli vor weitere Herausforderungen. Neben den Aufgaben in Sachen Pandemie kamen innerhalb weniger Stunden die Bekämpfung und Schadensbeseitigung der Flutfolgen hinzu. Viele von uns kamen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit – privat und beruflich.

Sie haben viel von der Hilfsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger gesprochen. Was hat Sie am meisten beeindruckt?

Warnecke: Insbesondere nach dem Starkregen-Ereignis hat sich mal wieder gezeigt, dass wir uns in Haan und Gruiten aufeinander verlassen können. Nachbarn halfen sich gegenseitig bei Aufräumarbeiten, für die Flutopfer wurde gekocht, gebacken, Wäsche gewaschen und vieles mehr. Unsere Feuerwehrkräfte und ehrenamtlichen Einsatzkräfte waren seit den frühen Morgenstunden des 14. Juli nahezu pausenlos im Einsatz und leisteten Großartiges. Beeindruckt hat mich auch die Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, aber auch unserer Unternehmen. Und das ehrenamtliche Engagement unseres Gruitener Bürger- und Verkehrsvereins.

Wie und was kann Haan aus den vergangenen Krisen-Monaten lernen?

Warnecke: Die Pandemie hat gezeigt, dass eine flächendeckende Krankenhausversorgung wichtig ist. Auch in unserem Haaner Krankenhaus werden Covid-19-Patienten behandelt. Corona und die Flutkatastrophe haben uns auch wieder vor Augen geführt, wie wichtig eine gute funktionierende Feuerwehr ist. Dass die Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr nicht nur landläufig als „Helden“ bezeichnet werden, sondern in der Tat heldenhaft für die Allgemeinheit tätig sind. Als städtische Gemeinschaft haben wir gelernt, dass wir uns aufeinander verlassen können und in der Krise nicht allein gelassen werden. Die Hochwasser-Katastrophe hat uns auch gezeigt, dass wir ein neues Hochwasserschutzkonzept für Haan und Gruiten brauchen. Durch den Klimawandel werden außergewöhnliche Starkregenereignisse zunehmen. Hierauf müssen wir uns einstellen.

Was ist aus Ihrer Sicht 2021 besonders gut gelaufen?

Warnecke: Trotz Pandemie sind wir in vielen Feldern vorangekommen und haben mit dem Rat der Stadt Haan die Grundlagen für weitere Projekte im kommenden Jahr gelegt. So sind zum Beispiel der neu gestaltete Park Ville d`Eu, in dem es sich hoffentlich bald wieder herrlich feiern lässt, oder der Alte Kirchplatz, der mit dem Lichtband abends die Umrisse der versunkenen Kirche hervorhebt, fertig und eingeweiht worden. Die Planungen für das Haaner Bachtal sind nach intensiver Bürgerbeteiligung nun ausgeschrieben, so dass es auch hier im kommenden Jahr eine sichtbare Verbesserung geben wird – fast 2 Millionen Euro Fördermittel des Landes gehen in die Modernisierung. Unser Gymnasium ist fertiggestellt, der Neubau unserer Grundschule Gruiten geht voran und die Planungen für den Bau der Erweiterung unserer Gesamtschule ebenfalls. Ein Blick in unseren Haushaltsplan zeigt, dass der Schwerpunkt unserer Investitionen nach wie vor im Bildungsbereich liegt: In den kommenden vier Jahren investieren wir rund 27 Millionen Euro in unsere Schulen. Wir beauftragen ein Architektenbüro mit der Planung unseres Neuen Rathauses am Unteren Neuen Markt. Wir sind „Global Nachhaltige Kommune“ und haben seit März eine Nachhaltigkeitsstrategie mit 100 Maßnahmen, die wir mit klarer Zeit- und Zielvorgabe umsetzen. Der Runde Tisch Klimaschutz mit seinen Arbeitsgemeinschaften trifft sich regelmäßig unter der Leitung unserer Klimaschutzmanagerin, die gleichzeitig das Integrierte Klimaschutzkonzept auf die Beine stellt und gerade mit der digitalen Bürgerbeteiligung gestartet ist. Wir sind als Stadtverwaltung einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung vorangekommen, haben ein Dokumentenmanagementsystem eingekauft und führen es mit Hilfe der Stabsstelle Digitalisierung ein. Ziel ist, den Bürgerinnen und Bürgern unsere Verwaltungsleistungen wie zum Beispiel Anmeldung eines Gewerbes, Einreichung eines Bauantrages oder Anmeldung zur Hundesteuer auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Hierzu verpflichtet uns das Onlinezugangsgesetz. Hierzu verpflichten wir uns aber auch selbst – insbesondere nach den Erfahrungen mit Covid 19.

In den vergangenen Monaten ist an vielen Orten in Deutschland zu beobachten gewesen, dass die Kritik aus bestimmten Kreisen der Bevölkerung immer persönlicher und aggressiver wird. Haben Sie das auch in Haan gespürt und wie kann man diese Entwicklung stoppen?

Warnecke: Auch ich habe den Eindruck, dass die Frustrationsgrenze bei vielen sinkt – kein Wunder, machen uns doch die vierte Welle und Omikron zu schaffen und die täglich schlechten Nachrichten bauen nicht wirklich auf. Corona verursacht Ängste, macht reizbarer und das erfahren auch die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung im direkten Kundenkontakt. Ich glaube, dass Politik Ziele und Gründe für Regeln und Einschränkungen mehr denn je klar kommunizieren muss.

Wo sehen Sie im kommenden Jahr die größten Herausforderungen für Ihre Arbeit?

Warnecke: Wir haben als Stadtverwaltung unheimlich viele Projekte in der Pipeline. Neben dem Schwerpunkt Investition in Bildung werden wir uns in den kommenden Jahren weiter auf den Schwerpunkt „Digitalisierung“ konzentrieren. In den nächsten Jahren wird sich zudem entscheiden, wie sich unsere Stadt weiter stadtplanerisch entwickelt wird. Ich hoffe, dass uns Corona dabei nicht im Wege stehen wird.

Auch in diesem Jahr wird es keinen Verkauf von Pyrotechnik zu Silvester geben – sind Sie jemand, der das Feuerwerk vermissen wird?

Warnecke: Ich selbst werde das Feuerwerk nicht vermissen … meine Söhne schon.

Ihr größter Wunsch für 2022 . . .?

Warnecke: Allen Haanerinnen und Haanern und ihren Familien wünsche ich, dass sie gesund bleiben und auch in diesem wieder ungewöhnlichen Jahr schön miteinander  die Festtage verbringen können.