Bilder des Unfalls bleiben im Kopf
Vor zehn Monaten wurden die Beamten zu einem tödlichen Motorradunfall gerufen. Beim Blitzmarathon werden Erinnerungen wieder wach.
Hilden/Langenfeld. Gerade hatten zwei Polizeibeamte gestern Mittag ihr Lasermessgerät an der Ecke Düsseldorfer Straße/Horster Allee eingestellt, da musste einer der beiden auch schon zur roten Kelle greifen: Ein Motorradfahrer hatte bei seiner Fahrt in Richtung Benrath ein Fahrzeug an einer Stelle überholt, an der das nicht erlaubt war. Er war — obwohl nicht zu schnell — der erste „Kunde“ beim Blitzmarathon an dieser Stelle.
Jennifer Könke, Kommissarin
Die Messstelle war von der Polizei bewusst ausgewählt worden. Am 8. Juni 2015 hatte es dort einen schweren Unfall gegeben, bei dem ein Motorradfahrer getötet, ein zweiter lebensgefährlich verletzt wurde. Beim Linksabbiegen in die Forststraße hatte ein Autofahrer die beiden Motorradfahrer, die nach bisherigen Erkenntnissen deutlich zu schnell unterwegs waren, übersehen.
„Ich komme hier täglich mehrfach vorbei und schaue oft zum Kreuz hinüber“, sagt Sven Reichelt, der gestern gestoppte Motorradfahrer. Er habe im vorigen Sommer die Berichterstattung über den Unfall „mit viel Gänsehaut verfolgt“, sagt Reichelt betroffen. Er war gestern auf dem Weg zum Krankenhaus zu Frau und den neugeborenen Zwillingen — statt Lederkombi trug der Tanzschul-Inhaber Jeans. Auch die im Vorjahr Verunglückten hatten keine Schutzkleidung an, erinnern sich Kommissarin Isabell Friemel und Hauptkommissar Stephan Hopp noch genau. Sie waren am 8. Juni mit ihrem Streifenwagen noch vor dem Rettungswagen am Ort. „Die Bilder bleiben im Kopf“, sagt Friemel, die seither mit ihrem Motorrad „viel defensiver unterwegs“ ist.
Und Kommissarin Jennifer Könke, die später mit Stephan Hopp die Todesnachricht bei der Familie überbrachte, erinnert sich an einen anderen Moment: „Mir tat der Autofahrer leid. Er stand da und starrte auf den sterbenden Motorradfahrer! Er ist auch ein Opfer.“
„Bei jeder Streifenfahrt hier sehen wir das Kreuz und die noch verbliebenen Markierungen“, erzählt Jennifer Könke. Die Markierung läuft auf den Zaun zu, vor dem gerade die Beamten mit dem 1000 Meter weit reichenden Messvisier stehen. Dort schlug damals die Maschine des schwer verletzten Schwiegersohns des Getöteten ein — nach 120 Meter führerloser Fahrt.
„Nicht nur die Unfallbeteiligten selbst und deren Hinterbliebene — auch wir sind Opfer“, spricht Guido Boes, Koordinator für die Notfallseelsorge im Kreisgebiet auch für Polizisten, Rettungssanitäter, Feuerwehrleute. An der Unfallstelle „muss man funktionieren“, sagt Stephan Hopp. Erst später gilt es, die Erlebnisse und Eindrücke zu verarbeiten. Dies gelinge am besten im Gespräch mit Kollegen. Bei Bedarf stünden aber auch geschulte Kräfte bereit. Ralf Schefzig, Leiter des Verkehrsdienstes, erklärt, mit dem aktuellen Blitzmarathon wolle die Polizei sensibler machen für die schlimmen Folgen, die Tempoverstöße haben könnten. Kreisweit waren gestern 37 Beamte beim Blitzmarathon zwischen 6 und 22 Uhr an 40 Messstellen eingesetzt. Die Ergebnisse werden heute bekannt gegeben.