Flucht bedeutet immer Schrecken

Am Haaner Sommer ging es beim „Strand international“ um die Themen Vertreibung und Flucht.

Foto: rm-

Haan. Der Haaner Sommer stand am Sonntag unter dem Motto „Strand international“. Dazu kooperierte der Verein Haaner Sommer mit einer Initiative der Caritas, die das Motto „Vielfalt.Viel wert.“ trägt. Kernveranstaltung war ein Podiumsgespräch, in dem drei zu unterschiedlichen Zeiten nach Deutschland Geflüchtete ihre Geschichte erzählten und für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung standen. Im Anschluss servierten Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer Spezialitäten aus Nahost, wie etwa gefüllte Teigröllchen und Hummus. Gegen eine kleine Spende durfte man sich am Buffet bedienen.

Der Begriff „international“ war wörtlich gemeint und nicht nur auf den aktuell von der Flüchtlingskrise betroffenen arabischen Raum beschränkt. Die Barrensteiner Whisky-Bar schenkte edle schottische Tropfen und Guiness-Bier aus, dazu spielte das Dudelsack-Ensemble der Volkshochschule Velbert-Heiligenhaus schottische Volksweisen. Der Liegestrand war ebenfalls gut besucht und lud zum Ausruhen und zum Mit-den-Zehen-im-Sand-spielen ein. Auf dem Beachvolleyballfeld spielten einige Mädchen Hula Hoop.

Doch richtig interessant wurde es im Zelt. Als die Flüchtlinge unterschiedlichen Alters über die Umstände ihres Aufbruchs berichteten, füllte sich das Zelt nach und nach immer mehr. Hans-Joachim Friebe wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich für einen Flüchtling, doch steht seine Geschichte stellvertretend für Hunderttausende. Auch Deutsche, genauer gesagt: Schlesier mussten einmal nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verlassen. Hans-Joachim Friebe war erst vier Jahre alt, doch er erinnert sich mit Schrecken an die Umstände, in denen seine Familie aufbrechen musste, und bekam Tränen in den Augen, als er von dem sprach, was viele verloren hatten: Heimat, Haus und Hof, Kultur. Innerhalb von 24 Stunden mussten sie weg sein, eine siebenköpfige Familie zu Fuß mit jeweils 40 Kilogramm Gepäck. In Gruiten angekommen musste sich die Familie über elf Jahre hinweg eine Zwei-Zimmer-Kellerwohnung teilen. „Es war der Horror“, sagt Friebe.

Für die im 21. Jahrhundert immer noch entstehenden Religionskriege hat Hans-Joachim Friebe kein Verständnis. Genauso wenig wie Ivica Perkovic, der im Jahr 1994 aus Bosnien flüchten musste. Unter Tito habe es in Jugoslawien einen großen Zusammenhalt gegeben. Interkonfessionelle Ehen seien üblich gewesen. Dann habe die Politik einen neuen, nationalistischen Kurs eingeschlagen und die Bevölkerung Bosniens spaltete sich in Muslime, Serben und Kroaten. Als die Gefechte überhand nahmen, verließ Perkovic mit 40 Jahren seine „gut entwickelte“ Heimatstadt.

In Deutschland fühle er sich nach mittlerweile 22 Jahren „sauwohl“, wie er selber sagte. Nirgendwo sonst auf der Welt bekämen Flüchtlinge so viel, auch materielle, Unterstützung. Die aktuelle Flüchtlingswelle sieht er mit gemischten Gefühlen. Einerseits müsse man Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, aufnehmen. Doch Angela Merkels offene Grenzen seien ein Schritt zu viel. „Wer da alles kommt, weiß man nicht“ sagt Perkovic.