Gedenkakt zur Reichspogromnacht Hilden erinnert an Gräueltaten der Nazis

Hilden · Mit einem Sternmarsch zum Stadtpark wurden die Opfer der Novemberpogrome gewürdigt.

Norbert Schreier (stv. Bürgermeister), Claus Pommer (Bürgermeister) und Marianne Münnich (stv. Bürgermeisterin) legen im Stadtpark einen Kranz in Gedenken an die verfolgten Hildener Juden nieder.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Eugenie Willner, Ernst Willner, Bertha Herz, Carl Herz, Nathan Meyer, Dr. Siegmund Sommer und Hendrika Grüter – all diese Bürger der Stadt Hilden fanden in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 einen gewaltsamen Tod oder starben später an den Folgen ihrer Verletzungen. Im gesamten Deutschen Reich zündeten nationalsozialistische Horden Synagogen an, verwüsteten Geschäfte, drangen in Wohnungen ein, misshandelten und töteten tausende Menschen. Die Reichspogromnacht markierte den Übergang von der Diskriminierung bis zur organisierten Deportation und Ermordung der europäischen Juden.

Ein Sterngang führte zu zahlreichen Stolpersteinen, die von Teilnehmern geputzt wurden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Und nirgendwo kamen in dieser Nacht – gemessen an der damaligen Bevölkerungszahl – mehr Menschen ums Leben wie in Hilden. Daran erinnerten am Samstag zum 86. Jahrestag der Ereignisse knapp 100 Bürger der Itterstadt: Auf Einladung des Arbeitskreises Stolpersteine, der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Stadt brachen insgesamt sieben Gruppen zu einem Sternmarsch in Richtung Stadtpark auf. Dabei machten sie Station an den inzwischen 51 Stolpersteinen, die auf Initiative des Künstlers Gunter Demnig die Schicksale der Nazi-Opfer im gegenwärtigen Bewusstsein halten sollen. Erstmals gelangte der Zug im Rahmen des Gedenkakts dabei auch zu den Steinen, die Anfang April am Fritz-Gressard-Platz in Erinnerung an die vor den Nazis geflohenen Brüder Carl und Werner Kaufmann in den Boden eingelassen worden waren – neben dem Gedenkstein ihrer im Vernichtungslager ermordeten Mutter Erna.

An allen Gedenktafeln trugen Mitglieder des Arbeitskreises Gedichte vor, berichteten vom Leben der gewürdigten Personen und hinterließen Blumen und Windlichter – ebenso wie am Ziel ihres Weges, dem Gedenkstein im Stadtpark. Dort wiederum legte Hildens Bürgermeister Dr. Claus Pommer gemeinsam mit seinen Stellvertretern Norbert Schreier und Marianne Münnich einen Kranz nieder – und schlug in seiner Ansprache eine Brücke von der Geschichte in die Gegenwart: Schließlich habe das Bundeskriminalamt zuletzt von einem deutlichen Anstieg antisemitischer Straftaten berichtet.

Insbesondere seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 seien antisemitische Tendenzen in Teilen der Gesellschaft noch deutlicher erkennbar. „Mitbürger überlegen sich zweimal, ob sie in eine Synagoge gehen dürfen“, verdeutlichte Pommer. Zugleich warnte er vor einer „Erosion der Mitte in unserer Gesellschaft“. Die werde durch die Ereignisse unter der Woche verstärkt, sagte er in Anspielung auf den Bruch der deutschen Ampel-Koalition am Tag der Wiederwahl Donald Trumps in das Amt des US-Präsidenten. „Immer mehr Menschen wenden sich von demokratischen Parteien ab“, betonte er.

Auch das Potsdamer Treffen, bei dem rechtsextreme Kreise über die millionenfache Abschiebung aus Deutschland diskutierten, brachte Pommer zur Sprache – und lobte die Reaktion darauf: „Hunderttausende sind im Februar auf die Straße gegangen, um für Vielfalt einzutreten.“ Auch die Bürger Hildens hätten dabei ein beeindruckendes Zeichen gesetzt. Diese Entschlossenheit brauche es auch in Zukunft, um Rassismus und Antisemitismus klar entgegenzutreten.

Den Abschluss des Gedenktages zu den Novemberpogromen bildete am späten Samstagnachmittag ein Ökumenischer Wortgottesdienst unter dem Titel „Erinnern und Gedenken“ in der Reformationskirche.