Leben auf der Baustelle
Die Arbeiten an der Hoffeldstraße gehen weiter. Den Geschäftsleuten laufen unterdessen die Kunden davon.
Hilden. „Guten Tag, Frau Pötschke. Warten Sie, ich helf’ Ihnen rauf“, ruft Ilona Halbach und reicht der älteren Dame ihre Hand. Frau Pötschke packt zu, Frau Halbach zieht — und mit einem Ruck stehen beide Frauen im Eingang des Friseursalons. „Geschafft! Das mach’ ich nur für diese gute Seele“, sagt Helga Pötschke, zeigt erst auf Ilona Halbach und dann auf den etwa einen Meter tiefen „Abgrund“ vor dem Ladeneingang.
Seit August 2010 wird auf, an und in der Hoffeldstraße gebuddelt und gebaggert, werden Rohre verlegt, die Bürgersteige gepflastert und ein neuer Straßenbelag aufgebracht. Während ein Teil der Straße bereits in neuem Glanz erstrahlt, versinkt der Abschnitt zwischen der Bogen- und der Bismarckstraße seit Ostern im Baustellenchaos. Geschäftseingänge sind nur mit Mühe zu erreichen, Grundstücksausfahrten dicht, die Fußgänger einem Hindernisparcours ausgeliefert und Autos komplett ausgeschlossen.
„Dass die Arbeiten irgendwann mal fertig sind, ist klar“, sagt Friseurmeisterin Halbach. „Auch, dass danach alles besser ist.“ Doch mittlerweile sei sie an ihre Grenzen gekommen. „Meine Stammkunden bleiben mir zwar treu“, sagt die 43-Jährige. „Aber es kommen schon lange keine neue Kunden mehr. Die wissen doch gar nicht, wie sie hierher finden sollen“, schimpft sie. „Und mein Laden ist ständig verdreckt.“ Sie habe sogar schon Bretter organisieren müssen, „damit es die Leute zu mir reinschaffen“. Und überhaupt: „Wer haftet eigentlich, wenn sich bei den Klettereien jemand verletzt?“
Auch Martin Bendorf (34), der den „Laden opp de Eck“ betreibt, stimmt in das Klagelied ein. Im Gegensatz zum Friseursalon schräg gegenüber liegt sein Kiosk ebenerdig. „Doch seitdem die Straße komplett gesperrt ist, geht gar nichts“, sagt er. „Ich habe ein geschätztes Umsatzminus von mehr als 50 Prozent.“ Ganz lästig werde es für Kunden, die Pakete aufgeben wollten. „Die müssen jetzt entweder an der Bismarckstraße parken, oder sie fahren ganz woanders hin.“ Von der Heilpraktikerin nebenan habe er sogar gehört, dass sie ihre Praxis vorübergehend dichtgemacht habe, „weil sich die Patienten bei dem Höllenlärm nicht mehr entspannen können“. Sie habe ihre Tätigkeit daher ausschließlich auf Hausbesuche beschränkt.
Auch in der Zahnarztpraxis Urmelt sind Mitarbeiter und Patienten angespannt. Weniger, weil die Patienten ausbleiben, „sondern weil die Leute der Lärm nervt“, wie Helferin Jasmin Franke sagt. Tagein, tagaus werde draußen gehämmert und gebuddelt. „Unsere Patienten haben sich schon mit den Arbeitern angelegt.“
Tiefbauamtsleiter Harald Mittmann hat Verständnis für die Klagen — auch wenn er sagt: „Bautechnisch ist ein solches Projekt nicht anders zu realisieren. Das geht nicht in Zehn-Meter-Abschnitten, wie es die Anlieger vielleicht gerne hätten. Das ist unter einer bestimmten Abschnittslänge nicht zu machen.“ Es werde dennoch alles dafür getan, die Unannehmlichkeiten so weit wie möglich in Grenzen zu halten.