Richter haben Zweifel an der Schuld des Angeklagten

Das Jugendschöffengericht spricht den 22 Jahre alten Angeklagten vom Vorwurf frei, einen Pizzaboten ausgeraubt zu haben.

Haan/Wuppertal. Die Räuber hatten sich Pizza ins Industriegebiet bestellt. Den Boten (20) lockten sie an der Bergischen Straße in einen Hinterhalt und nahmen ihm Geld, Mobiltelefon und Autoschlüssel ab. Dafür hatte der Überfallene nach der Tat ein fremdes Portemonnaie in der Hand, komplett mit Ausweis, EC- und Krankenversicherungskarten. Deren Besitzer, einen 22 Jahre alten angehenden Gärtner aus Wuppertal, hat ein Wuppertaler Jugendschöffengericht jetzt freigesprochen: Zweifel bestünden an der Schuld. Der Staatsanwalt hatte für die Tat im Februar 2012 eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und zehn Monaten beantragt.

Die zweite Geldbörse habe er zunächst für sein Privatportemonnaie gehalten, erklärte der Überfallene dem Gericht. Sie habe neben ihm gelegen, und er habe sie den zwei Tätern herausgeben wollen, wie zuvor die anderen Wertgegenstände. Die teilweise vermummten Männer hätten aber vorher überraschend die Flucht angetreten.

Der Staatsanwalt zur Aussage eines Entlastungszeugen

Auf die Version des Angeklagten reagierten Richter und Staatsanwalt mit intensiven Rückfragen. Der 22-Jährige gab an, sein Portemonnaie zwei Tage vor dem Tatdatum in einer Wuppertaler Diskothek verloren zu haben. Vielleicht sei es ihm auch gestohlen worden. Ob er nicht danach gesucht habe? „Sie hätten wenigstens den Inhaber informieren können, dass möglicherweise jemand seine Gäste bestiehlt“, hielt ihm der Richter vor. Er habe sich den Abend nicht verderben lassen wollen, erwiderte der Angeklagte.

Freunde hätten ihm Getränke ausgegeben, sagte der 22-Jährige. Auf der Heimfahrt mit der S-Bahn hätten sie ihn auf einem Monatsticket mitfahren lassen, einen Teil des Weges sei er schwarzgefahren. Er sei nicht auf die Idee gekommen, seine Kontokarten sperren zu lassen, und einen neuen Ausweis habe er im Laufe der folgenden Woche beantragen wollen.

Bevor es dazu kam, hatte die Polizei ihn festgenommen und seine Wohnung durchsucht. Der Pizzabote erklärte, er habe den Angeklagten auf Fotos bei der Polizei wiedererkannt, vor allem an der Statur. Die Beute freilich blieb unauffindbar.

Das Gericht wertete die Aussagen zweier Freunde des Angeklagten als glaubhaft: Sie bestätigten die Schilderung des Abends in der Disco. Ein 22-Jähriger erklärte aus, der Angeklagte habe den Tatabend bei ihm in Wuppertal verbracht, man habe sich mit Computerspielen und Bier die Zeit vertrieben. „Das ist eine erfundene Geschichte“, sagte der Staatsanwalt. Die Tat sei „ein übles Ganovenstück.“

Es gebe viele Möglichkeiten, wie das Portemonnaie an den Tatort gelangt sein könnte, sagte der vorsitzende Richter. Einige seien sehr unwahrscheinlich, letztlich schieden sie aber nicht völlig aus. Der Zweifel habe sich zugunsten des Angeklagten auswirken müssen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.