Sie ist von der Poesie des Alltags fasziniert
Die Haaner Künstlerin Karin Niederhagen zeigt Aquarelle und Ölbilder im Haus am Quall.
Haan. Auf eine Reise in die malerische Vergangenheit von Karin Niederhagen kann sich der Besucher im Haus am Quall begeben. Drei Tage lang zeigt sie ihre „Retrospektive zum 80. Geburtstag“. Doch den 80. sieht man der zierlichen und energiegeladenen Haaner Künstlerin nicht an. Es ist eine Premiere — ihre erste eigene Ausstellung. Dabei versteht es Karin Niederhagen wahrlich, virtuos mit Pinsel und Feder umzugehen. „Als Kind habe ich viel und gerne gemalt und gezeichnet“, erinnert sie sich.
Nach der Werkkunstschule wurde sie schon mit 18 Jahren an der Düsseldorfer Kunstakademie angenommen. „Dort lernte ich meinen späteren Mann Wolfgang kennen“, erzählt sie. Sie heirateten. Von da an war ihr gemeinsames Leben der Kunst gewidmet — Wolfgang Niederhagen als freischaffender Künstler und Karin als Kunsterzieherin an Gymnasien. „Nach der Geburt unserer Söhne gründeten wir in Haan unsere Malschule“, erzählt sie. Beide haben 40 Jahre lang Kinder und Jugendliche unterrichtet. Nicht wenige ihrer Schüler seien später künstlerisch erfolgreich gewesen. Das mache sie schon stolz, sagt Karin Niederhagen. „Wir hatten ein erfülltes Leben“. Haus, Kinder, Malschule — aber da blieb für ihre eigene Kunst wenig Raum.
„Ende der Siebziger hat sich mein Malstil geändert, wurde sachlicher, präziser“, erzählt sie. Im Erdgeschoss im Haus am Quall sieht man ihre ältesten Werke. Von 1956 ist das in warmen Tönen gemalte Ölbild, das den noch nicht restaurierten Mühlenturm in Xanten zeigt. Daneben hängen eindrucksvolle Landschaftsimpressionen im Wandel der Jahreszeiten. Spuren ihres Lebens, die den Betrachter zu alten Motiven der Haaner Umgebung führen. „Heute sieht das alles dort anders aus“, sagt sie etwas wehmütig.
Ein Blickfang ist ein für sie sehr persönliches Stillleben mit einem Hauch Melancholie: ein brüchiges Selbstbildnis im Spiegel, ein Puppenkopf, ein Blick aus dem Fenster. „Ich malte es, nachdem unsere Kinder ausgezogen waren“, erzählt sie. Ihre Inspirationen fand sie immer in der Natur. „Mit Farben und Formen zu experimentieren hat mich nie gereizt“, erzählt Niederhagen. Die sichtbare Welt war für sie Anregung genug, um die Poesie des Alltags einzufangen. Auf Reisen nach Italien und Spanien malte sie ihre Aquarelle im Wechselspiel von Farbe und Lichteinwirkung. Wunderbare Bilder, ein Gleiten im Fluss der Linien, ein lebhaftes Vibrieren, eine sanfte Farbigkeit der verschachtelten Architektur enger Gassen und Häuser. Ein Sahnehäubchen sind ihre fantastischen Zeichenkompositionen - Bleistift- und Federkunst, bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. In den letzten Jahren habe sie weniger gemalt. „Dafür schreibe ich“, erzählt Karin Niederhagen lächelnd. „Meine Lebenserinnerungen.“ Der erste Band ist fertig. Titel: „Berg und Tal.“