Ganztag in der Grundschule Mittelhaan Wie Haan kreisweit den „Rhythmus“ vorlebt
Haan · Das Konzept des rhythmisierten Ganztags wird an der Grundschule Mittelhaan bereits seit Jahren erfolgreich umgesetzt. Rektor Michael Jans ist als Berater für den Kreis Mettmann in den Schulen unterwegs. Ein „Hausbesuch“.
Es herrscht konzentrierte Stille im Klassenraum – wie man das von Mathematikstunden so gewohnt ist. Und doch ist an diesem Mittwochvormittag in der Klasse 3b der Gemeinschaftsgrundschule Mittelhaan etwas anders als gewöhnlich. Das haben auch Alex und Matteo erfahren. Die beiden wussten zu Beginn der Stunde noch nicht, dass sie heute nebeneinander sitzen würden. Doch dann hatte Lehrerin Anna Fragnelli eine Idee: „Wir haben heute mal den Zufallsgenerator über die Sitzordnung entscheiden lassen“, berichtet die Pädagogin. Die dabei zustande gekommenen Kombinationen könnten dabei helfen, einander besser kennenzulernen und das stärke letztlich auch den Zusammenhalt in der Klasse.
Zum Beobachten der Fortschritte in diesem oder anderen Bereichen hat Anna Fragnelli an der Grundschule Mittelhaan deutlich mehr Zeit als so manche Kolleginnen oder Kollegen an anderen Grundschulen im Kreis Mettmann. Denn an der Dieker Straße wird das Schulmodell des Rhythmisierten Ganztags gelebt – und das verschafft den Schulkindern und ihren Klassenlehrern mehr gemeinsame Zeit, als beispielsweise in einer Schule mit offenem Ganztag, bei der es nachmittags zusammengewürfelte Gruppen aus verschiedenen Klassen unterschiedlicher Altersstufen gibt.
Der Klassenverband bleibt nachmittags weitgehend erhalten
„Bei uns bleibt der Klassenverband auch nachmittags weitestgehend erhalten“, sagt Schulleiter Michael Jans, der den Aufbau des Ganztags an der Grundschule Mittelhaan von Beginn an verfolgt und mitgestaltet hat – zunächst als einfacher Lehrer, dann als Konrektor und mittlerweile als Rektor. Jans ist überzeugt, geradezu begeistert von diesem Modell, weil es Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Ausgangslagen nach ihren Möglichkeiten fördert und fordert. „Alle Kinder sollen die Möglichkeit haben, ihre besonderen Bedürfnisse, Interessen und persönlichen Stärken in den schulischen Alltag einzubringen“, betont Jans. Die Rhythmisierung des Ganztages spiele dabei eine entscheidende Rolle.
Anhand eines Tages in der Grundschule Mittelhaan erläutert der Schulleiter das Modell: „Der Unterricht wird auf den Vor-und Nachmittagsbereich verteilt“, sagt er: „Das Lernangebot ergänzen Spiel-und Sportzeiten, Lernzeiten, Kursangebote, Erholungs- und Stillephasen, Forder- und Förderangebote sowie wechselnde Angebote durch die im selben Gebäude befindliche Musikschule oder anderweitige außerschulische Angebote.“ Phasen der Anspannung und Entspannung sind somit altersgerecht über den ganzen Schultag verteilt.
An manchen Nachmittagen werden Projekte angeboten
Von der ersten bis zur vierten Stunde sowie in der siebten und achten Stunde (14-15.30 Uhr) werden der normale Unterricht, Lernzeiten, Forder- und Förderunterricht verteilt. Zurzeit ist an zwei bis drei Nachmittagen Unterricht und zwar Religion, Englisch, Sport oder Kunst, Mitarbeit durch Lesementoren, Forder- und Förderunterricht in Deutsch/Mathematik und weitere Lernzeiten. An den anderen Nachmittagen werden Projekte durch die Erziehungskräfte angeboten. Von Montag bis Donnerstag gibt es ab 15.30 Uhr Arbeitsgemeinschaften, die für alle Kinder frei wählbar sind.
In der Mittagszeit (12 bis 14 Uhr) wird im Klassenraum gegessen. Spiel- und Entspannungszeiten schließen sich an. Im dritten und vierten Schuljahr haben die Kinder aufgrund des erhöhten Unterrichtsaufkommens an einzelnen Tagen noch in der fünften beziehungsweise sechsten Stunde Unterricht.
„Jede Ganztagsklasse ist mit einem Klassenraum und einem angrenzenden Nebenraum ausgestattet, um die Rhythmisierung von Anstrengung- und Entspannungszeiten angemessener durchführen zu können“, sagt Michael Jans. Für die Arbeit in der Ganztagsklasse wiederum sei ein festes Team verantwortlich, das aus drei Personen bestehe: Klassenlehrer und zwei pädagogische Mitarbeiter.
Die drei planen und verantworten den Tages- und Wochenablauf ihrer Klasse. Bei den wöchentlichen Teamsitzungen wird auch über Besonderheiten, erzieherisches Verhalten, differenzierten Förderbedarf und Probleme der Kinder gesprochen. Elternsprechzeiten, Ausflüge und Klassenfahrten werden stets vom pädagogischen Team begleitet.
Michael Jans ist überzeugt davon, dass der rhythmisierte Ganztag die Schulform ist, die die höchste Chancengleichheit bietet – auch den Kindern, die aus sogenannten bildungsferneren Verhältnissen stammen. „Haan ist, was das anbelangt, vergleichsweise sehr gut aufgestellt“, sagt der Schulleiter. Kreisweit sei dagegen eine Art Nord-Süd-Gefälle zu beobachten, mit Monheim an der Spitze und Velbert beziehungsweise Ratingen am Ende, wenn auch mit deutlichen Fortschritten. Jans muss es wissen – ist er doch vom Kreis Mettmann ausgewählt worden, alle 24 teilnehmenden Schulen im Kreisgebiet als Berater für den Rhythmisierten Ganztag zu betreuen.
Das ist ihm eine Herzensangelegenheit, auch wenn hier und da Anfangs schon mal Überzeugungsarbeit geleistet werden musste, denn Rhythmisierung bedeutet für die Lehrkräfte auch eine Erweiterung ihrer Rolle. Durch Verteilung des Unterrichts über den ganzen Tag müssen auch erzieherische Aufgaben wahrgenommen werden. Das hat bei dem einen oder anderen Lehrer anfangs die Sorge ausgelöst, letztlich länger arbeiten zu müssen. Eine Befürchtung, die der Haaner Schulrektor jedoch schnell entkräften konnte: „Es ist ja durchaus so, dass wenn an einem Tag eine höhere Arbeitsbelastung bewältigt werden muss, eine anderer dafür womöglich ganz frei ist.“
Unter dem Strich – da ist sich Michael Jans ganz sicher – profitieren alle vom rhythmisierten Ganztag. Jetzt würde er sich noch wünschen, dass dass dem auch bei der Bemessung der Stellenanteile für das Personal Rechnung getragen würde – etwa indem eine Gruppenleitung an der Grundschule Mittelhaan, die momentan als 3/4-Stelle verzeichnet ist, künftig auf eine ganze aufgestockt würde.
Das Interesse der Eltern
in Haan ist sehr hoch
Das Interesse der Elternschaft ist in Haan ebenfalls hoch. Ab 2026 wird es sogar einen Rechtsanspruch auf Ganztagsplätze geben. Da hat Michael Jans allerdings schon jetzt eine gute Nachricht: „Wir werden allen, die einen solchen Platz benötigen, auch einen zur Verfügung stellen können.“