Langenfeld Psychologin: Kinder zu strafen, bringt niemanden weiter

Langenfeld/Monheim. · Interview Die Erziehungsberaterin Ursula Blass erklärt, wie Eltern am besten auf schlechte Schulnoten reagieren.

Die Psychologin Ursula Blass wirbt dafür, sich Zeit zu nehmen, um Kinder besser zu verstehen.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Die Zeugnisse stehen kurz bevor – nicht immer ein Anlass zur Freude. Wir sprachen mit der Diplom-Psychologin Ursula Blass von der Erziehungsberatungsstelle für Langenfeld und Monheim.

Frau Blass, der Sohn oder die Tochter kommen mit zwei Fünfen auf dem Zeugnis nach Hause. Was sollten die Eltern auf gar keinen Fall machen?

Ursula Blass: Häufig ist das Kind schon sehr niedergeschlagen und von sich selber enttäuscht, auch wenn ihm dies vielleicht nicht anzumerken ist. Sicher wäre es besser, wenn Eltern ihr Kind erst einmal trösten und fragen, wie es ihm mit diesen Noten geht. Sie sollten sich Zeit nehmen für ein ruhiges Gespräch. Kinder sollen sich ohne übermäßige Angst nach Hause trauen können und Eltern sollten ihren Kindern zeigen, dass sie sie als Person lieben und Noten daran nichts verändern. Freilich entbindet das nicht davon, gemeinsam die Ursachen zu klären.

Woran erkenne ich, ob das Kind nur bequem und abgelenkt oder tatsächlich mit dem Schulpensum überfordert ist?

Blass: In diesem Fall können Eltern sich erst einmal an die Klassenlehrerin wenden und diese um ihre Einschätzung bitten. Zusätzlich können die Eltern erfragen, was in den Augen der Klassenlehrerin die angemessene Zeit für das Erledigen von Hausarbeiten und das Üben vor Klassenarbeiten darstellt. Wenn das Kind wesentlich länger braucht, wäre das ein Hinweis auf eine Überforderung. Auch die eigene Einschätzung des Kindes ist wichtig. Sicher sind klare Anforderungen notwendig, doch länger andauernde Überforderung beeinflusst die Entwicklung des Kindes negativ.

Nutzen Hausarrest, Taschengeldkürzung oder sonstiger Entzug des täglichen Vergnügens überhaupt etwas?

Blass: Bestrafungen sind in der Regel wenig erfolgreich. Sinnvoller ist es, immer wieder das Gespräch mit dem Kind zu suchen und zu versuchen, die Motivation und die Schwierigkeiten des Kindes zu verstehen und Hilfe anzubieten.

Wie motiviere ich ein bequemes Kind zum Lernen?

Blass: Auch in diesem Fall hilft ein differenzierter Blick, zu schauen, in welchem Bereich ist mein Kind motiviert, und in welchem Bereich zeigt es keine Motivation. Es gilt auf die Entwicklung und auch Verbesserung des Kindes zu früheren Zeugnissen zu schauen. Die Eltern können positive Entwicklungen loben und durch gemeinsame Aktivitäten belohnen. Es hilft auch, Verständnis zu signalisieren, dass man nicht immer Lust hat zum Lernen und dies trotzdem zu den Aufgaben gehört.

Mein Kind kann auf der Schule bleiben, muss sich aber im zweiten Halbjahr gewaltig auf die Hinterbeine setzen. Gibt es ein Rezept für effektives Lernen in den nächsten Monaten?

Blass: Planen Sie mit ihrem Kind gemeinsam die nächsten Schritte: Welche Hilfe braucht es, wer kann diese Hilfe leisten, welche Hilfe kann die Schule anbieten. Wichtig ist, dass man das Kind begleitet, es aber nicht kontrolliert. So kann man gemeinsam kleine Schritte zum Ziel aufstellen, die dann überprüfbar sind. Es gibt heutzutage vielfältige Hilfsmöglichkeiten wie Förderunterricht, Computer-Übungsprogramme, und diverse Nachhilfeinstitute.

Wie viel Freizeit darf trotzdem noch sein?

Blass: Die Lernzeit muss alters­angemessen festgelegt werden, sodass ein Schüler auch über Freizeit verfügt. Die Freizeit bleibt genauso wichtig, da das kindliche Spiel, Aktivitäten mit Freunden und die Ausübung von Hobbys unverändert relevant für eine gesunde kindliche Entwicklung in allen Bereichen ist.