Fast vergessene Künstlerkolonie auf dem kulturellen Forum

Das Kulturelle Forum zeigt Werke von Künstlern, die Ende des 19. Jahrhunderts in dem kleinen Fischerörtchen Nidden an der Ostsee gelebt und gearbeitet haben.

Langenfeld. Wahrscheinlich war es die Herausforderung, die die Maler antrieb. Die Herausforderung die sagenumwobene Hohe Düne zu malen, die letztendlich natürlich auch nichts anders als ein großer Sandhaufen ohne konkrete Formen, Schatten und Farbnuancen war. Namenhafte Künstler wie Lovis Corinth und Max Pechstein reisten an die Kurische Nehrung nach Nidden, einem kleinen Fischerdorf im heutigen Litauen und versuchten es. Manch einer scheiterte an der Herausforderung.

Wer es aber schaffte, das mediterrane Licht einzufangen, das der schroffen Landschaft, dem wütenden Meer, der großen Düne, den robusten Fischerbooten und einfachen Häusern die kräftigen Farben und die exotische Atmosphäre verlieh, der schuf handwerkliche Meisterwerke. Viele davon sind jetzt im Freiherr-vom-Stein-Haus zu sehen.

Die Ausstellung „In den Bann dieses Zaubers geschlagen“, die in Kooperation mit dem Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg gezeigt wird, besteht aus 40 Werken von Künstlern, die vor allem Ende des 19. Jahrhunderts in der Künstlerkolonie Nidden gelebt und gearbeitet haben. Werke von Ernst Bischoff-Culm, Hans Julius Bernhard Kallmeyer, Ivo Hauptmann, Martha Worringer und Ernst Mollenhauer sind dort zu sehen.

„Immer mehr Künstler verließen Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Ateliers, um das natürliche Licht zu suchen“, sagte Jörn Barfod bei der Vernissage am Samstagmittag. Der Kurator des Ostpreußischen Landesmuseums betreut mit Hella-Sabrina Lange vom Kulturellen Forum die Langenfelder Ausstellung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg seien die Künstler und Kunstwerke aus Nidden zunächst in einen tiefen Schlaf gesunken, so der Kunsthistoriker. Viele der ehemaligen Studenten der Königsberger Kunstakademie, die das nahegelegene Nidden vor allem während ihrer Studienzeit kennengelernt hatten, verließen das Örtchen an der Ostsee. Die Sammlungen vor allem von Mollenhauer und Karl Eulenstein gingen nach der Eroberung der Küste durch die Rote Armee fast vollständig verloren.

In den 1950er-Jahren schufen diese Künstler Bilder von Nidden aus ihrer Erinnerung. Ein solches Werk von Expressionist Mollenhauer begrüßt die Besucher der Langenfelder Ausstellung, die sich über zwei Räume erstreckt. „Nidden mit Leuchtturm“ ist ein abstraktes Abbild der Fischerhäuser in ihren kräftigen Farben.

Andere Werke sind erhalten geblieben, auch durch die stetige Sammlertätigkeit des ortsansässigen Gastwirtes Herrmann Blode, der den Künstlern oft Kost und Logis für ein Gemälde überließ. Sein Gasthof blieb bis 1945 das Zentrum der Künstlerkolonie. „Kurenkähne“ von Max Lindh oder „Blick zur Hohen Düne“ von Fritz Moeller-Schlünz sind erhaltene späte Werke aus dieser Zeit.

In Langenfeld erzählen diese Bilder nicht nur von der Herausforderung der Natur an die Maler, sondern auch an die einheimischen Fischer, die tagtäglich mit harter Arbeit um ihr Überleben kämpfen mussten und auf Booten mit blutroten Segeln, wie Max Lindh sie malte, über die peitschende Gischt fuhren. Ein von Sorge und Wetter gegerbtes Gesicht einer Frau rastend an der Düne verewigte Ernst Bischoff-Culm.

Im Freiherr-vom-Stein-Haus finden Besucher nicht nur eine gut strukturierte Ausstellung von erstklassischen und seltenen Werken des Spätexpressionismus, sondern erfahren auch die Hintergründe zu Schicksalen der Maler und die fast vergessene Künstlerkolonie Nidden.