Geglückte Flucht aus dem Krieg

Ein syrischer Student ist in Langenfeld wohnhaft geworden. Fleiß und Ehrgeiz haben den Mann auch im Job weit gebracht.

Geglückte Flucht aus dem Krieg
Foto: Ralph Matzerath

Langenfeld. „Grüß Dich“, sagt Allan Malla Mahmoud, 22 Jahre alt, und schiebt Pizza in den Ofen. Etwas über zwei Jahr ist es jetzt her, dass er aus seiner Heimat flüchtete. Dass das einmal so kommen würde, hätte er nie gedacht. Er war in Alleppo an der Uni eingeschrieben. Englisch, Mathe, Informatik. Hochschuldozent wollte er werden. Dann wurde dieser Krieg immer schlimmer. Schüsse, Bomben, Zerstörung.

Mahmouds Vater in Syrien

An einem Tag im Juni 2014 sagte dann der Vater: „Allan, Du bist mein Ältester. Ich will dich nicht verlieren. Bring dich in Sicherheit, bitte.“ Also zog Allan Mahmoud los. Zu Fuß. Über die Türkei lief er nach Bulgarien. „Drei Tage und Nächte lang“, erzählt Allan Mahmoud, „sind wir durch den Wald gelaufen. In einer Gruppe von 24.“ Ohne Essen. Ohne Trinken. Ohne Pause. Aber immer mit dieser Angst vor den Wildschweinen — und der Angst, aufgegriffen zu werden.

In Bulgarien wurden sie dann erwischt und eingesperrt. 15 Tage war Allan Mahmoud im Gefängnis, dann half ihm Unicef. Es hieß, er könne raus, wenn er Asyl stelle. Als er wieder in Freiheit kam, rannte und rannte er. Irgendwann schaffte er es nach Deutschland. Und noch mal später an den Pizza-Ofen im Seehaus am Wasserski. Man könnte sagen, Allan hat eine Menge Glück gehabt. Man könnte aber auch sagen, er weiß, was er will und kämpft dafür. Jetzt will er wieder an die Uni. Wirtschaftsinformatik in Düsseldorf oder Köln. Gerade versucht er, seine Bescheinigungen aus Syrien zu beschaffen.

Beim Amt waren sie jedenfalls erst Mal baff. Auf die Frage, ob er Deutsch spreche, antwortete Allan Mahmoud nicht mit Ja oder Nein, sondern mit „Natürlich.“ In der Leverkusener Stadtbibliothek saß Allan an so manchem Tag mehr Stunden, als ein durchschnittlicher Deutscher Student an einem Tag an der Uni verbringt und hat Deutsch gepaukt. Aber nicht nur Sprache und Grammatik, sondern auch Geschichte. „Weißt Du, wann die Berliner Mauer gebaut wurde?“ Das hat er am Tag der Deutschen Einheit einen Deutschen gefragt. Und als der Deutsche das dann nicht wusste, erklärte der Syrer dem Deutschen, was in den deutschen Geschichtsbüchern steht. Pauken ist das eine. Quatschen das andere.

In einem Café in Leverkusen sprach Allan Mahmoud eine deutsche Familie an. Die half ihm eine Wohnung in Leverkusen zu finden und raus aus dem Flüchtlingsheim zu kommen. Ein neuer Nachbar in Leverkusen nahm ihn mit zur Wasserski-Seilbahn nach Langenfeld. Und während der Nachbar mit dem Wakeboard übers Wasser fuhr, knüpfte Allan Mahmoud Kontakte.

Er sprach mit dem Typen von der Beachbar, der dann mit dem Restaurant-Chef sprach und der mit Eigentümer-Familie Sühs. Dabei heraus kam Allans Mahmoud erster Arbeitsvertrag. Jetzt backt der Syrer Pizza. „Das hätte ich auch nicht gedacht, dass ich mal Pizza backe“, sagt er und lacht. Dieses Lachen, das ist eins, das von weit drinnen kommt.

Dankbarkeit schwingt da mit, aber mit Sicherheit auch ein bisschen stolz, es bis hier her geschafft zu haben — und der Glaube daran, es von hier aus weiter nach oben zu schaffen. Und was ist mit all den traumatisierenden Erfahrungen aus Syrien? Was hat der Krieg mit diesem jungen Menschen gemacht, der gesehen hat, wie Erwachsene und Kinder im Bombenhagel sterben, wie seine Heimat zerstört wird und Freunde für immer verschwinden? Allan Mahmoud möchte da nicht drüber reden. Er sagt nur einen Satz: „Es ist viel schlimmer, als alles, was ihr im Fernsehen seht.“