Großeinsatz nach Chemie-Unfall

Ein Säure-Nebel bei Enthone führte gestern zu einem Großeinsatz der Feuerwehr. Anwohner sollten die Fenster schließen.

Foto: Patrick Schüller

Langenfeld. Straßensperren sowie Lautsprecherdurchsagen von Polizei und Feuerwehr, Fenster und Türen geschlossen zu halten — ein Chemie-Unfall beim Galvanisierungsbetrieb MacDermid Enthone an der Röntgenstraße hat gestern Morgen Richrath in Aufregung versetzt. Knapp eineinhalb Stunden nach der ersten Warnung über das digitale Alarmmeldesystem Nina gaben die Einsatzkräfte gegen 9 Uhr Entwarnung. Grund für den Einsatz war ein Salzsäure-Nebel, der sich in einer Lagerhalle gebildet hatte. Laut Feuerwehr blieb er innerhalb des Betriebsgebäudes. Verletzt wurde laut Polizei niemand.

Dem Unternehmen zufolge traten etwa 500 Liter 31-prozentige Salzsäure aus einem 1000-Liter-Behälter aus. „Zu Schichtbeginn um 5.30 Uhr gab es noch keine Auffälligkeiten, um 5.45 Uhr entdeckte ein Mitarbeiter eine weiße Qualmwolke und alarmierte sofort die Feuerwehr“, berichtete Enthone-Geschäftsführer Stephan Sitta. Die genaue Ursache des Lecks werde nun von einem Sachverständigen ermittelt. „Nach bisherigem Kenntnisstand gab es keine Einwirkung von außen.“

Polizei und Feuerwehr gingen zunächst — wie in solchen Fällen vorgesehen — vom „denkbar schlimmsten Fall“ aus, erklärte Oliver Schult von der Kreispolizei Mettmann. Sie entschlossen sich zu Straßensperren im Karree Götscher Weg/A 3/Winkelsweg/Hildener Straße und zur Warnung der Bevölkerung.

Es kam zu Staus im morgendlichen Berufsverkehr. Auch der Schulbetrieb war zum Teil beeinträchtigt, etwa an der Bettine-von-Arnim-Gesamtschule an der Hildener Straße. „Das Telefon stand nicht mehr still“, berichtet Schulleiter Peter Gathen. Besorgte Eltern fragten, ob sie ihre Kinder abholen sollten. In ihr eigenes Ermessen gestellt, entschieden sich laut Gathen aber nur wenige Eltern zu einer solchen Vorsichtsmaßnahme. „Weil einige Kollegen im Stau steckten, mussten wir außerdem zunächst einige Klassen parallel betreuen“, sagte der Schulleiter.

Nachdem die Feuerwehr den ausgetretenen Stoff identifizieren und die Vernebelung eindämmen konnte, gab sie Entwarnung. „Der Inhalt des defekten Fasses, aus dem die Substanz austrat, wurde in ein intaktes Behältnis umgefüllt“, sagte Polizeisprecher Schult. Salzsäure 31 kann nach amtlich zugelassenem Sicherheitsdatenblatt bei direktem Kontakt schwere Hautverätzungen und Augenschäden verursachen.

Der letzte schwerere Zwischenfall bei Enthone, der öffentlich bekannt wurde, liegt sechs Jahre zurück. Beim Austritt von Chromsäure erlitt ein Mitarbeiter leichte Verletzungen. 2008 brannte es in einem Raum mit Wärmebad. Damals beunruhigten die Erweiterungspläne des Unternehmens manchen Richrather. Kapazitäten für insgesamt 420 Tonnen giftiger und brandfördernder Stoffe lauteten die Zielgrößen für die Lagerhallen an der Röntgenstraße und am Winkelsweg, darunter 120 Tonnen sehr giftige Substanzen.

Der Sicherheitsbeauftragte des Unternehmens verwies seinerzeit auf Sicherheitsmaßnahmen wie Sprinkleranlage und Brandmeldeanlage, die direkt mit der Feuerwehr verbunden ist. Daher rühren Enthone zufolge auch Feuerwehreinsätze aufgrund von Fehlalarmen. Diese führten schon zu Anfragen von Bürgern, die wegen der Häufung von Einsätzen besorgt waren.

Enthone gehört nach der Übernahme durch MacDermid 2015 zur US-amerikanischen PSP-Holding. Am Standort Langenfeld arbeiten nach Firmenangaben etwa 150 Mitarbeiter. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt Verfahren, die Gegenstände aus Metallen, aus Kunststoff oder anderen Materialien dekorativ veredeln sowie korrosions- und verschleißfest beschichten.

Die Kunden finden sich neben der Auto- und Elektroindustrie unter anderem im Maschinenbau, aber auch in den Branchen Sanitär und Schmuck. Geschäftsführer Sitta sagte, das Alarmsystem habe gestern „perfekt funktioniert“. Langenfelds Feuerwehrchef Marcus Jagieniak pflichtete ihm bei: „Bei dem Einsatz ist alles glatt gelaufen.“