Gute Stube für gefährdete Tiere

Nach der Kritik an Bebauungsplänen geht die Stadt in die Offensive — und zeigt, wie sie sich seit 2010 für den Artenschutz stark macht.

Langenfeld. Die Bebauungspläne für die Locher Wiesen erhitzen die Gemüter. Gerade erst hatte die Grünen-Ratsfraktion die „Zupflasterung des Stadtgebiets“ kritisiert und auf aktuelle Zahlen verwiesen. Demnach habe die Versiegelung der Langenfelder Freiflächen einen neuen Rekordstand erreicht — der Natur stehe erstmals in der Geschichte Langenfelds weniger als die Hälfte des Stadtgebiets zur Verfügung. „Diese erschreckende Zahl bezieht die aktuellen Neubauvorhaben an der Nelly-Sachs-Straße, am Berghausener Blumentopf und auf den Locher Wiesen noch nicht einmal ein“, sagt Bernhard Ibold, Kreisabgeordneter der Grünen. Zu wenig Natur, zu wenig Platz für Tiere?

„Oft wird suggeriert, dass uns der Artenschutz egal wäre. Doch ganz im Gegenteil. Wir erfüllen nicht nur die Pflicht, wir gehen auch darüber hinaus“, sagt Bürgermeister Frank Schneider. In jedem Bebauungsplan werde gutachterlich geprüft, welche Auswirkungen die Bebauung auf den Artenschutz hat. „Wir hatten noch nie den Fall, dass eine Bebauung gestoppt werden musste, weil eine Art bedroht war“, sagt Jens Mischel, städtischer Landschaftsarchitekt. Über die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung hinaus, wähle die Stadt jedes Jahr eine Art oder Artengruppe aus und führe ein Schutzprojekt durch. Im vergangenen Jahr waren es die Fledermäuse.

100 Nistkästen, gebaut in der Schreinerei der Werkstätten für Behinderte (WFB), hat die Stadt an verschiedenen Orten aufstellen lassen. Zu sehen sind die Kästen, die zu mehreren in verschiedenen Höhen und Windrichtungen an Bäumen hängen, zum Beispiel im Langforter Wäldchen, an den Rheinischen Kliniken, nördlich der Wasserburg, am Gladbacher Hof oder im Landschaftspark Fuhrkamp. „Bebauungspläne stehen nicht im Widerspruch zum Umweltschutz“, sagt Holger Pieren von der Biologischen Station Haus Bürgel. Langenfeld sei eine der ersten Städte im Kreis Mettmann gewesen, die sich bei der Biologischen Station über die „gute Stube“ für Fledermäuse beraten hätten.

Pieren ist überzeugt, dass es viele Fledermäuse im Stadtgebiet gibt, wo genau sie sich niederlassen, ist jedoch nicht geklärt. Oft leben sie unter Flachdächern oder finden unter Schieferverkleidungen Unterschlupf. Die Nistkästen sollen Ersatz schaffen. Ob sie angenommen werden, wird der Experte erst im kommenden Jahr klären können — denn meist dauert es eine Zeit, bis die Tiere ihr neues Zuhause anerkennen.

In diesem Jahr ist der Insekten- und Wildbienenschutz das Artenschutzprojekt. Jens Mischel entwarf ein „Bienenhotel“, das von der WFB angefertigt wurde. Das Bienenhotel hat bei uns positive Resonanz gefunden, die uns auf die Idee gebracht hat, Bienenhotels auf eigenen Grundstücken aufzustellen, sie Kunden und Privatpersonen anzubieten. Es gab bereits erste Anfragen“, sagt Thomas Günther von den WFB. Zehn der hohen Säulen werden in Ausgleichsflächen aufgestellt.

2012 soll das Projekt den Schutz der Schleiereulen unterstützen. In Absprache mit Landwirten sollen Scheunen mit einem Loch versehen, dahinter ein Kasten befestigt werden. Die Werkstätten für Behinderte werden als Experten für Nistkästen dann wieder mit im Boot sein.