Hilden: Ein Fest für 40 Jahre Treue

23 von 96 Erstbeziehern leben noch heute in den drei LEG-Hochhäusern an der Köbener Straße.

Hilden. 1970 haben unter dem Balkon von Jürgen und Irmgard Striewe (72, 79) noch Kühe gegrast. Kaum zu glauben, aber die Hochhaussiedlung der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) grenzte damals direkt an Ackerland. Dort, wo heute die Autos über den Westring brettern, tobten damals noch die Kinder im Schlamm. Irmgard Striewe sagt: "Wenn Ärchäologen eines Tages unter dem Westring buddeln, werden sie sich über die ganzen Gummistiefel und Socken in der Erde wundern."

Das Areal vor den Hochäusern sei für die jüngsten Mieter spannender gewesen als heute jeder Abendteuerspielplatz. Wer 1970 an der Köbener Straße aufwuchs, wuchs auf dem Land auf. Die Kinder waren gern gesehene Besucher auf dem angrenzenden Bauernhof.

Inzwischen sind 40 Jahre vergangen. Die Gesichter der Siedlung im Hildener Norden sind noch größtenteils die selben. Von den 96 Erstbeziehern leben immerhin 23 Familien noch heute in den drei LEG-Hochhäusern, die damals noch der Post gehörten. Sascha Wastrauk, Leiter des LEG-Kundencenters Ratingen, ist stolz auf diese Quote: "25 Prozent der Mieter sind hier geblieben. Ich finde, das ist eine beeindruckende Zahl." Als kleine Anerkennung spendierte die LEG ein Mieterfest und bedankte sich bei den Erstmietern von 1970 mit Blumensträußen.

An der Köbener Straße gibt es noch Zusammenhalt. Beim Mieterfest sitzen die Nachbarn bei Grillwurst, Limo und Bier zusammen und reden über Gott und die Welt. Die Kinder toben auf der Hüpfburg oder probieren den LEG-Minigolfparcours aus.

Hans Werner Munsch beißt in seine Bratwurst: "Wir versuchen, das Gemeinschaftsgefühl aufrecht zu halten." Das klappe eigentlich ganz gut, auch wenn ein Wandel nicht zu verleugnen ist. Der 73-Jährige blickt in die muntere Runde: "Solche Feste wie hier, die gab es früher öfter. Das ist leider nicht mehr der Fall."

Munsch wohnt seit 40 Jahren in der Siedlung. An der hat er noch immer nichts auszusetzen, außer vielleicht dem leichten Grünspan an den Häuserfassaden. Was ihn stört, ist die Negativentwicklung in der Nahversorgung. "Früher gab es hier eine Post und einen Edeka in der Nähe", erinnert sich der Mieter.

Für ihn sei das ja kein Problem, doch er gibt zu bedenken: "Gerade von den älteren Mietern sind viele nicht motorisiert. Es gibt ja mittlerweile auch einige Witwen. Was machen die ohne Auto? Das ist doch unmöglich." Anonymität, wie man sie in Hochhausbauten oftmals vermutet, gebe es an der Köbener Straße nicht. Munsch sagt: "Ich kenne den größten Teil meiner Nachbarn. Die meisten von ihnen grüßen sich."

Ebenfalls seit 40 Jahren vertreten, allerdings in der vielfachen Generation: die Mücken. Claudia Ahles (46) sagt: "Mit meinem Sohn musste ich sogar einmal zum Arzt. Ich dachte, er hätte die Windpocken - dabei waren es Mückenstiche." Seitdem hat ihre Familie Insektennetze vor den Fenstern. Auch andere Mieter kämpfen regelmäßig mit den stechenden Quälgeistern. Es gibt sie wohl doch in dieser Siedlung - ungeliebte Nachbarn.